Die Lackminiatur
Ol'ga Aleksandrovna Kolesova
Лаковая миниатюра
In: Государственный музей палехского искусства (Staatliches Museum für die Kunst Palechs), Moskau 2005, Seiten 22 - 45.
Aus dem Russischen von Gabriele Wolf-Keller, M.A., Dr. Felix Keller, Dr. Felix Waechter.

Der Aufsatz von Ol'ga Kolesova (Direktorin des Staatlichen Museum für Palecher Kunst in Palech) basiert auf der Lackminiatursammlung des Staatlichen Museum für Palecher Kunst und bietet eine ebenso interessante wie kompetente Einführung in die Entwicklung der Palecher Lackkunst von den Anfängen bis ins Jahr 2000.

Zusätzlich stellt die Autorin in acht Exkursen ausgewählte Künstler und Arbeiten ausführlicher vor.

Einteilung in Abschnitte, Exkurse, Titel: Dr. Felix Waechter.
Die Anfänge
Nach der Revolution von 1917 hörte das Gewerbe des Ikonenmalens in Palech auf zu existieren. Aber die Palecher waren zu jeder beliebigen anderen schöpferischen Tätigkeit bereit. Im Dezember 1924 entstand in Palech die Genossenschaft für Alte Malerei, die sich mit der Bemalung von Erzeugnissen aus Papiermaché befasste. Ihre Gründer waren I.I. Golikov, I.M. Bakanov, A.V. Kotuchin, V.V. Kotuchin, I.V. Markičev, I.I. Zubkov und A.I. Zubkov. Ihre grosse Erfahrung auf dem Gebiet der Ikonenmalerei half ihnen, mit dieser neuen, sehr schwierigen Aufgabe fertig zu werden – die Miniaturmalerei mit der dreidimensionalen Form von Schatullen, Brillenfutteralen, Zigarettenetuis, Schmuckdosen, Puderdosen und Schreibgeräten zu verbinden. Die ehemaligen Ikonenmaler behielten dabei die gewohnte Technik des Malens mit Eitempera und die Verwendung von Muschelgold bei. Bei der Bildgestaltung der neuen Werke bewahrten die Palecher auch die mittelalterlichen Methoden der Stilisierung sowie die traditionellen Formen. Als erfolgreiches Experiment erwies sich die Verwendung eines schwarzen Hintergrundes, der die Brillanz der Farbflächen verstärkte und der Darstellung Tiefe und Räumlichkeit verlieh. Die populärsten und erfolgreichsten Sujets der ersten Jahre der Palecher Miniaturmalerei waren „Trojkas", „Jagdszenen", „Schlachtenbilder", „Liebespärchen", „Hirtenszenen", „Idyllen" und „Volksfeste". Auf diesen Werken gab es weder ausgereifte Sujets noch markante Gestalten, sondern nur ein stark ausgeprägtes ornamentales Prinzip. Natürlichkeit, Aufrichtigkeit und Poesie verliehen den ersten Arbeiten der Palecher Charme und Wärme. Als Meister der Darstellung von Pferden, Schlachten und Trojkas galt I.I. Golikov. Seine märchenhaften Pferde mit ihren zarten Beinen, gemalt in allen Farben des Regenbogens, die „Schlachten" und „Jagdszenen" brachten die unbändige Fantasie dieses Künstlers zum Ausdruck. Der begabte Meister bediente sich geschickt der dekorativen Möglichkeiten des Hintergrundes, des Materials und der Form des Gegenstandes. Eine seiner fantastischen „Schlachten" ist auf ein Zigarettenetui aus Holz gemalt, dessen natürliche Maserung den ornamentalen Kranz aus den leuchtenden Silhouetten der Pferde ergänzt. Unter den zahlreichen Kompositionen von Golikov finden sich keine Wiederholungen, jede einzelne Miniatur ist originell und hat eine starke emotionale Ausstrahlung. Aber die virtuose Meisterschaft war für den Künstler nicht Selbstzweck. Er strebte nach tiefen, aussagekräftigen Bildern. Er wollte, nach seinen eigenen Worten, einen „Sturm, der das Alte hinwegfegt" sichtbar machen.
Schlacht.
Ivan Ivanovič Golikov
Zigarettenetui, 1930, 16,2 x 24,7 x 3,2 cm
Trojka.
Ivan Ivanovič Golikov
Zigarettenetui, 1927, 6,5 x 8 x 2 cm
Schachspiel.
Ivan Ivanovič Golikov
Briefmarkenbox, 1925, 4,5 x 3,8 x 2,6 cm
Zu den Klassikern der Palecher Miniaturen gehören viele Werke von A.I. Vatagin. Die Schatulle „Es steht eine Klippe an der Wolga" gilt als das beste unter ihnen. Den mittleren Teil der Darstellung nimmt eine stilisierte „Anhöhe" ein, die eine Klippe symbolisiert. Oben auf der Klippe sitzt, tief in Gedanken versunken Sten´ka Razin: „Von den Menschen war nur einer auf jener Klippe. Nur einer gelangte bis auf die Spitze...". Über seinem Kopf ziehen auf schwarzem Grund Wolken vorüber, schwebt ein goldener Adler. Im unteren Teil der Komposition, unterhalb der Klippe, ist eine lärmende Menschenmenge dargestellt. Rechts im Hintergrund hinter der Klippe plätschern die blauen Wellen der Wolga, auf denen drei Schiffe mit goldbestickten Segeln schaukeln. Der Künstler demonstriert seine vollkommene Meisterschaft in der Gestaltung des Gegenstandes. Seine künstlerische Art ist nicht so emotional wie bei Golikov. Vatagins Stil ist dekorativ-flächenhaft; der Künstler beherrscht die Linien meisterhaft und schafft auf der Miniatur ein rhythmisches Muster.
Es steht eine Klippe an der Wolga.
Aleksej Ivanovič Vatagin
Dose, 1935, 22 x 15,5 x 4 cm
Guslispieler.
Aleksej Ivanovič Vatagin
Dose, 1932, 11 x 2,6 cm
Gründung des Museums –
Sujets aus Puškins Werken
Zum 10. Jahrestag der Genossenschaft für Alte Malerei am 13. März 1935 wurde das Staatliches Museum für die Kunst Palechs eröffnet, das seit 1931 geplant worden war. An der Organisation des Museums beteiligte sich am tatkräftigsten der Schriftsteller Efim Vichrev, der „Sänger Palechs". Die ersten Leser seines Buches „Palech" waren N. Zarudin, I. Kataev, A. Belyj, B. Pil´njak, N. Kljuev, M. Vološin, Ė. Bagrickij und M. Gor´kij, die sich aufrichtig für Palech begeisterten.

A.M. Gor´kij, der mit Interesse die Entwicklung des Lackhandwerks in Palech verfolgte, riet den Palechern, ihre besten Arbeiten aufzubewahren. Zu diesem Zweck wurde in der Genossenschaft für Alte Malerei ein Bilderzimmer eingerichtet, das auch den Grundstock für die Museumssammlung legte. Am 8. Mai 1934 fasste der Rat der Volkskommissare den Beschluss über die Gründung eines Museums für Alte Malerei in der Siedlung Palech, das noch vor seiner Eröffnung in Staatliches Museum für die Kunst Palechs (GMPI) umbenannt wurde. Das Museum für Lackminiaturen entstand mit reger Unterstützung der Palecher Künstler. Viele von ihnen schenkten dem Museum eigene Zeichnungen und Skizzen zu Theaterinszenierungen. In der ersten Ausstellung des Museums wurden über 540 Exponate – hauptsächlich Lackminiaturen – präsentiert. Nur zehn Tage nach Eröffnung des Museums wurden der Witwe des Schriftstellers E.F. Vichrev, eines der Initiatoren seiner Gründung, 82 Arbeiten von Palecher Meistern abgekauft. Ja.S. Ganeckij, eine namhafte Persönlichkeit der polnischen und russischen revolutionären Bewegung und ehemaliges Mitglied des Kollegiums des Narkomvneštorg (Volkskommissariat des Aussenhandels), schenkte einige Porzellanteller, darunter „Der Aufbau der RSFSR" von A.V. Kotuchin, „Der Zusammenschluss von Stadt und Dorf" von I.V. Markičev sowie „Und er wirft sie über Bord…" von I.M. Bakanov.

Eine bedeutende Rolle beim Aufbau der Museumssammlung spielte der erste Direktor des GMPI, German Vasil´evič Židkov, der das Museum bis 1937 leitete. Unter ihm umfasste die Sammlung 1500 Objekte. In diesen Jahren kam eine grosse Zahl von Arbeiten zu Themen aus Puškins Werken ins Museum, die auf Anraten von Židkov von Palecher Künstlern geschaffen worden waren. Die besten unter ihnen waren das Tablett „Das Märchen vom Fischer und dem Fischlein" von I.I. Zubkov, die Schatulle „Das Märchen vom goldenen Hahn" von I.M. Bakanov, das Kästchen „Das Märchen vom Zaren Saltan" von A.P. Kotuchin und „Die Dämonen" von I.P. Vakurov.

I.M. Bakanovs Schatulle „Das Märchen vom goldenen Hahn" ist ein vollkommenes Beispiel für die Palecher Meisterschaft. Mit der grossen Zahl dargestellter Figuren, einer Menschenmenge, schuf der Künstler die Atmosphäre einer lärmenden Stadt, ohne das Werk zu überladen. Die vielschichtige Komposition zeichnet sich durch Klarheit und Einfachheit aus, was den besten Traditionen der Palecher Ikonenmalerei entspricht. Die Bewegung der Hauptgruppe von Menschen ist aus der Tiefe in den Vordergrund der Schatulle gerichtet. Die langsamen, erhabenen Bewegungsrhythmen der Menge kontrastieren mit den scharfen, energischen Windungen der Stadtmauer, was der Miniatur die erforderliche dramatische Note verleiht. Eine interessante Neuerung des Künstlers sind die exotischen orientalischen Motive in der Darstellung der Gewänder, der Architektur und der Landschaft.
Das Märchen vom goldenen Hahn.
Ivan Michajlovič Bakanov
Dose, 1934, 19,7 x 26,9 x 4,5 cm
Puškins „Märchen vom Fischer und dem Fischlein" wandte sich I.I. Zubkov im Jahre 1928 zu. Im Verlauf einiger Jahre malte er verschiedene Varianten zum Thema dieses poetischen Werks. Besonders gelungen ist die Komposition auf einer Platte aus dem Jahre 1934, die im GMPI aufbewahrt wird. Der kompositorische Ansatz der Miniatur basiert auf der Tradition altrussischer Ikonen mit vielen Einzelbildern. Der Künstler hat die einzelnen Sujets um eine zentrale Szene angeordnet, die den Anfang und das Ende von Puškins Erzählung darstellt – den Alten und die Alte vor dem zerborstenen Trog. Der zentrale Teil tritt nur unwesentlich durch seine Ausmasse hervor und steht daher den übrigen Szenen nicht entgegen, sondern ist eng mit ihnen verbunden. Ein ähnlicher kompositorischer Ansatz bildet die Ganzheit der vielbildrigen Erzählung. In dieser Miniatur fehlt die Abstraktheit der Ikonenmalerei, die Einförmigkeit der Gesichter. Die Gestalten der beiden Alten sind von ausgeprägter Individualität und Ausdruckskraft, mit feinem Humor. Auch neue Tendenzen in der Darstellung von Landschaft und Architektur sind feststellbar. Die vertrauten Züge der heimatlichen Natur und der dörflichen Hütten verleihen der Miniatur von Zubkov eine ungewöhnliche Wärme und viel Charme.
Märchen vom Fischer und dem Fischlein.
Ivan Ivanovič Zubkov
Platte, 1927, 34,3 х 24,4 cm
Landschaft und Dorf
Eine bedeutende Rolle in den Werken der Palecher der 1930er Jahre spielt die Landschaft. Die der Natur der Palecher Miniatur am besten entsprechenden Landschaftsmotive finden sich auf den Arbeiten von I.M. Bakanov und I.V. Markičev. Die konventionellen Formen der altertümlichen Landschaft mit „Steinplättchen" und „Steinschuppen" „verwandelt" Bakanov in herzförmige Berghänge, Waldränder mit kleinen Birken und Kiefern. Markičev jedoch folgt den Lehren der Renaissance-Malerei, in seinen Landschaften spürt man den Einfluss von Perugino und die Malweise des frühen Raffael. Zugleich hat Markičev als einer der ersten der älteren Meister ein für die Palecher bislang unbekanntes Verfahren der Darstellung von Winterlandschaften eingeführt. Der beste Meister von Landschaftskompositionen war jedoch I.I. Zubkov. Diesen Künstler zeichnet eine poetische Auffassung der heimatlichen, ländlichen Natur aus. In seinen Miniaturen „Die Familie des Fischers" und „Der Hirtenjunge" gibt es keine Entwicklung einer Handlung, der Künstler betrachtet gleichsam die Natur. Die Figuren haben fliessende, ein wenig verlangsamte Bewegungsrhythmen, was ein Gefühl von Ruhe und Stille hervorruft. Das von ihm angewandte Prinzip der Vielschichtigkeit erlaubt es, eine gewisse, wenn auch konventionelle, Tiefe des Raums zu erlangen und folglich ein Gefühl der Wirklichkeit des stattfindenden Ereignisses. Als Ikonenmaler bevorzugte Zubkov eine italianisierende Malweise, d.h. seine künstlerische Sprache war malerischplastisch und nicht ornamental-dekorativ. Der Meister schuf eine Farbskala mit feinen Farbbeziehungen, mit zarten Übergängen von einer Farbe zur anderen. Als dominierend erwiesen sich Schattierungen von Grün und Blau. Selbst ein in der Palecher Kunst so traditionelles Verfahren wie das Modellieren dreidimensionaler Oberflächen mittels goldener Linien hatte bei ihm eine prinzipiell andere Bedeutung – die Auffüllung des Malraums der Miniatur durch Wärme und durch Licht eines sonnigen Tages. „Von Gold durchwobenes Leben" – so lautet Efim Vichrevs äusserst zutreffende Charakteristik von Zubkovs Weltauffassung.
Die Familie des Fischers.
Ivan Ivanovič Zubkov
Zigarretendose, 1927
Der Hirtenjunge.
Ivan Ivanovič Zubkov
Zigarretendose, 1926
Das heimatliche Palech wurde zum beliebten Thema im Schaffen der Lackminiatur-Künstler. Eine historische Landschaft kann man das Lackbild „Palech" von A.V. Čikurin nennen. Heute sieht das Dorf anders aus: andere Strassenführung, neue Bauten. Den Zeitgenossen erscheinen die roten Fahnen auf den Kuppeln der Kreuzerhöhungs-Kirche seltsam, ungewohnt der Anblick von E.F. Vichrevs Grab neben der Kirche, das eher einem Altar gleicht, das mitten in Palech weidende Vieh. Die Palecher Künstler stellten gern Tiere dar. In der Ausstellung des Museums kann man bemerkenswerte Arbeiten sehen: „Die Hähne" und „Die wilden Tiere" von I.I. Golikov, „Die Tierwelt" von F.A. Kaurcev, „Der Kampf des Tigers mit der Riesenschlange" von P.D. Baženov. Aber bei Čikurin sind sie ganz anders: real, lebendig, wie auf den Bildern der holländischen Meister des XVII. Jahrhunderts. Der Künstler der neuen Generation schuf ein lyrisches, poetisches, aber zugleich sehr reales Bild seines Dorfes. Čikurin beherrschte alle Verfahren der Palecher Meisterschaft. Er bevorzugte eine Abstufung einzelner Farbtöne, wobei er Opulenz und eine dekorative Zersplitterung des Kolorits vermied. Die Konturen der Anhöhen und Dörfer bilden dank den meisterhaft ausgeführten Schattierungen keine scharfe Grenze zwischen Farbtupfer und dem Hintergrund, weswegen der hellockerfarbene Hintergrund als materielles licht-luftiges Medium wahrgenommen wird.
Palech.
Aleksandr Vasil'evič Čikurin
Platte
Die Meister der zweiten Generation
Kampf zwischen dem Tiger und der Riesenschlange.
Pavel Dmitrievič Baženov
Brosche, 1931, 5,9 х 2,3 cm

Der Kranich und der Reiher.
Pavel Dmitrievič Baženov
Dose, 1941, 9 х 17 х 4,5 cm
Kostüme und Bühnenbilder im Moskauer Kammertheater unter der Leitung des Regisseurs A.Ja. Tairov, was einen ungeheuren Einfluss auf die Entwicklung seines Schaffens hatte. In den Ende der 30er Jahre entstandenen Kompositionen des Künstlers wird das Kolorit leuchtender, basierend auf der Kraft der lokalen Farbflächen. In diesen Jahren vollzog sich eine bildliche und thematische Erweiterung in der Kunst Palechs. Nach dem Vorbild von Baženov versuchten die Palecher Künstler, sich von der Abstraktheit der Ikonenmalerei und der Gleichförmigkeit der Gesichter ihrer Figuren freizumachen. Sie orientierten sich intuitiv an der russischen klassischen Literatur, an Werken wie „Graf Nulin", „Der steinerne Gast" und „Boris Godunov" von Puškin, „Das Lied vom Kaufmann Kalašnikov" von Lermontov, „Die toten Seelen" von Gogol´ u.a.
Čičikov bei der Korobočka.
Vasilij Michailovič Salabanov
Dose, 1936, 19,6 x 26,7 x 4,4 cm
In diesen Arbeiten ging es den ihnen nicht um eine wahrheitsgetreue Wiedergabe der historischen Epoche, daher sind die Kostüme und das Milieu der Wirklichkeit nur angenähert, und die architektonischen Formen sind konventionell. Darüber hinaus standen die frühen, auf dem Liedrhythmus aufgebauten romantischen Werke A.M. Gor´kijs dem Stil der Palecher Miniatur nahe. Indem sie sie illustrierten, kannten die Palecher kaum Misserfolge. Das von D.N. Butorin geschaffene Bild des kühnen Danko ist eines der prägnantesten und einprägsamsten. Die massstabgerecht vergrösserte plastische Figur Dankos ist von der Bedeutung her das kompositorische Zentrum der Miniatur.
Danko.
Dmitrij Nikoaevič Butorin
Dose, 1934, 14 x 18,7 x 4,4 cm
Die emotionale Kraft seiner Darstellung ist so gross, dass sie das menschliche Gefühl der Bestürzung und des Unglaubens, ausgedrückt im kollektiven Bild der Menge, überwindet. Analogien zur heldenhaften Darstellung Dankos kann man auf bekannten Werken der altrussischen Kunst entdecken: es sind dies die Darstellungen des Apostels Petrus, der die Gerechten ins Paradies führt, des Jüngsten Gerichts von Andrej Rublev und Daniil Černyj in der Entschlafungs-Kathedrale in Vladimir oder des Engels, des Gesandten der Gottesmutter, der die verirrten Menschen aus dem Wald führt, auf der Ikone „Die Freude aller Leidenden" eines Palecher Meisters des XVII. Jahrhunderts.
Petrus führt die Gerechten ins Paradis (Fragment aus Das Jüngste Gericht)
Andrej Rublev und Daniil Černyj
Fresco, Anfang 15. Jh.
(Uspenskij Kathedrale Vladimir)

Gottesmutter Freude aller Leidenden.
Unbekannter Künstler, Palech
Tempera und gold auf Holz.
Ikone, 18. Jh., 106 x 85,5 cm
(Staatliches Museum für Palecher Kunst)
Der Grosse Vaterländische Krieg
Čapaev.
Aleksandr Vasil'evič Zajcev
Dose, 1955, 6,2 x 8 x 4 cm
Die furchtbare Kriegszeit, 1941-1945, die Zeit der Prüfung der moralischen Kräfte des Volkes, hatte das Erscheinen zahlreicher Arbeiten zu historischen Themen in der Kunst Palechs zur Folge. 1945 schuf P.F. Čalunin eine seiner besten Miniaturen, den „Kampf Čelubejs mit Peresvet". Das Fehlen alltäglicher Einzelheiten, von Details der Umgebung, verleiht der Miniatur eine symbolische Bedeutung. Die sich aufbäumenden Pferde verkörpern die Kräfte des Dunkeln und des Hellen, den ewigen Kampf von Gut und Böse. An den tödlichen Ausgang des Duells erinnern die zwei Schädel im linken unteren Teil der Komposition. Aber Allegorie und Symbolismus werden hier mit der glaubwürdigen Charakteristik der Figuren vereint. Das Gesicht des mongolischen Kriegers mit den breiten Backenknochen und den Schlitzaugen drückt eine ganze Skala von Gefühlen aus: Bosheit, Hass, Kampfrausch. Das friedliche, leuchtende Gesicht von Peresvet spricht sowohl von der Sanftmut des Mönches, als auch von seiner Güte, von der moralischen Stärke des Schülers von Sergij von Radonež. Nur die drohende Gestalt des Pferdes von Peresvet und das flatternde Busskleid des Mönchs, das an die Flügel eines fantastischen Raubvogels erinnert, lassen verstehen, wie gross der Wunsch des Mönchskriegers ist, den Feind tödlich zu verwunden.
Kampf Čelubejs mit Peresvet.
Pavel Fedorovič Čalunin
Dose, 1945, 18 х 23 х 7 cm
Ein imposantes Bild der Wolga, des Flusses der nationalen Freude und Hoffnung, schuf A.A. Dydykin in der Miniatur „Die Wolga, der russische Fluss". Wie viele der Palecher, wandte auch er sich dem Thema der Lieder über Stepan Razin zu und machte den legendären Ataman zum Haupthelden seines Werks. Auf dem Deckel der Schatulle wird eine Komposition aus mehreren Einzelbildern dargestellt, darunter Episoden aus den Liedern „Hinter der Insel hervor auf den Strom" und „Es gibt an der Wolga einen Felsen". Der mit Moos bewachsene Fels ist als Höhle dargestellt, vor der in Gedanken versunken Stepan Razin sitzt. Seine kraftvolle Gestalt ähnelt selbst einem Felsen. Hier erscheint er nicht als Ataman einer Räuberbande, nicht als böser Mensch, wie er es in allen vorangegangenen Arbeiten der Palecher war. Dydykin schuf das Bild eines nationalen Idols, eines Führers, der drohende Kraft, Freiheit, Gerechtigkeit und Siegesgewissheit verkörpert. Mit der Wolga, dem russischen Hauptfluss, ist das Leben vieler hervorragender Menschen und des ganzen Landes verbunden. Daher beschränkt sich der Künstler nicht nur auf die farbenprächtige Gestalt Stepan Razins, die den zentralen Platz auf dem Deckel der Schatulle einnimmt. Pittoreske Darstellungen sind auch auf den hohen Seitenwänden des Kästchens angebracht: an der Vorderseite gibt es die nicht weniger farbenprächtige Figur des Kuz´ma Minin, der das Volk zur Verteidigung Moskaus aufruft, links ist eine Darstellung von Barken schleppenden Treidlern, auf der Hinterseite, vor dem Wolga-Fluss, erscheint Maksim Gor´kij mit einem geöffneten Buch und rechts sitzt voller Sehnsucht am Flussufer ein junges Mädchen. Diese Szene illustriert den Text des alten russischen Liedes „Tiefe Wolga, Mütterlein, ich komme zu Dir voller Sehnsucht". An dieser Schatulle arbeitete Dydykin in den schweren Kriegsjahren. Hier gibt es keinen feinen, sanften Humor, der vielen Arbeiten des Künstlers eigen ist. Alles in dieser Miniatur ist erfüllt von Stärke und Bedeutung: die grossen plastischen Figuren, die reichen farbigen Flächen und der geschmeidige Rhythmus der geschwungenen Linien. Der Umstand, dass in der Miniatur Bilder aus den Volksliedern überwiegen, verleiht ihr ohne überflüssiges Pathos einen starken emotionalen Ton.
Die Wolga, der russische Fluss.
Aristarch Aleksandrovič Dydykin
Dose, 1943, 23,2 х 18.5 x 8.5 cm
Die Nachkriegsjahre – die ersten Lackminiaturmalerinnen
In den ersten Nachkriegsjahren begannen die Künstler A.V. Borunov, A.V. Zajcev, A.V. Kovalev, A.M. Kurkin, G.M. Mel´nikov und B.M. Nemtinov zu arbeiten. Nachdem sie den Krieg durchgemacht hatten, bemühten sie sich mit höchster Wahrheitstreue und Überzeugungskraft vom Erlebten zu erzählen, zu berichten von dem, dessen Zeugen sie geworden waren. Es gelang ihnen jedoch nicht immer, die realen Fakten des Krieges schöpferisch in ein poetisches Bild umzugestalten.

Die Jahre von 1940 bis 1950 gehören zu den schwierigsten in der Geschichte der Palecher Kunst und wurden von vielen Künstlern und Kunstwissenschaftlern negativ beurteilt. Sie sind gekennzeichnet durch eine Zunahme realistischer Tendenzen im Schaffen der Palecher Meister. Die Künstler bemühten sich um eine plakative Glaubwürdigkeit bei der Sujetgestaltung einzelner Bilder. Noch nie war die Palecher Kunst einer so starken Einflussnahme durch die staatliche Ideologie ausgesetzt wie in diesem Jahrzehnt. Mit grossem Pathos stellten die Palecher die Arbeitserfolge des Sowjetvolkes dar: „Blühe auf, Du Kolchoserde" von A.V. Kovalev, „Der Reichtum der Kolchose" von T.I. Zubkova und andere Arbeiten. Die Aufrufe zum Neuerertum widersprachen nicht selten der Spezifik, dem Stil der Palecher Kunst, ihrer Konvention und poetischen Allegorik. Charakteristisch für viele Kompositionen jener Jahre ist ihre Schwülstigkeit, ihre übermässige Monumentalität und Effekthascherei.
Blühe auf, Du Kolchoserde.
Aleksandr Viktorovič Kovalev
Teller, 1955, 32 x 2,5 cm
Der Reichtum der Kolchose.
Tamara Ivanovna Zubkova
Vase (Porzellan), 1952
In den für Palech schwierigsten Jahren der Herrschaft des Naturalismus setzten einige Künstler unbeirrt die Tradition der alten Palecher Meister fort. Unter ihnen war T.I. Zubkova, die die Familientraditionen und die Stilart ihres Vaters, des Künstlers I.I. Zubkov, als Erbe fortführte: Poetizität, Musikalität und Lyrimus waren bezeichnend für viele ihrer Werke. Das Hauptthema in ihrem Schaffen war das Lied. Aber die Lieder der Vertreter ihrer Generation waren andere: „Der Faulbeerbaum", „Es singt die Harmonika hinter Vologda", „Wer weiss". Die Miniatur „Wer weiss" entstand nach dem Thema eines Liedes von M.V. Isakovskij. Um ihre Idee umzusetzen, wählte die Künstlerin das vertikale Schatullenformat. Das traditionelle Prinzip der Komposition aus vielen Einzelbildern erhielt in dieser Miniatur eine neue Umsetzung. Die Hauptfigur des Dorfburschen mit der Harmonika befindet sich nicht im Zentrum, sondern im unteren Teil der Komposition. Die übergrosse Gestalt der handelnden Person unterstreicht nicht nur ihre vorrangige Bedeutung, sondern vor allem auch ihre Position im Vordergrund. Die anderen Figuren sind von viel geringerer Grösse und agieren auf einer weit entfernten Seite der Dorfstrasse. Hier gibt es die für viele ehemalige Ikonenmaler charakteristische sogenannte umgekehrte Perspektive nicht. Nur der Raum bleibt trotzdem konventionell und ist statt in die Tiefe nach oben gerichtet. Die Figuren versinken nicht in diesem Raum, sondern finden lediglich frei ihren Platz darin, wobei sie eine stabile rhythmische Verbindung zum Haupthelden haben. Die Fläche ist in dieser Miniatur, wie auch in den Arbeiten der Gründer der Palecher Kunst – der „Alten" –, die Basis der Darstellung. Obwohl die Künstlerin die traditionellen Formen der stilisierten Ikonenlandschaft verwendet, sucht sie ein neues und mehr an der Realität orientiertes Verfahren. Sie führt erstaunlich genaue Abbildungen zarter, trauriger Birken und weitverzweigter Tannen ein, die dabei aber nicht die Grenzen der konventionellen Kunstsprache überschreiten.
Wer weiss.
Tamara Ivanovna Zubkova
Dose, 1946, 22 x 15 cm
Zusammen mit T.I. Zubkova begann A.A. Kotuchina ihren schöpferischen Weg. In der Ausstellung des Museums für Lackminiaturen befinden sich ihre besten Arbeiten, „Die Birke" und die Schatulle „Das Igorlied".
Die Birke.
Anna Aleksandrovna Kotuchina
Platte, 1960
Das Thema des altrussischen Epos beschäftigte viele Palecher Künstler, und ganz besonders I.I. Golikov. An das traditionell männliche Thema wagt sich auch A.A. Kotuchina. Auf dem Deckel der Schatulle führte die Künstlerin die Komposition „Die Sonnenfinsternis" aus. Von rechts nach links bewegt sich das Heer des Fürsten Igor´ Svjatoslavovič. Plötzlich verlangsamen die Pferde ihren Gang, wobei sie jäh ihre Hälse krümmen. Igor´s weisses Pferd bäumt sich auf, und unter seinen Hufen heben Wölfe und Füchse mit eingezogenen Schwänzen ihre Köpfe. Darüber schweben unheilverkündende schwarze Raben. Im Hintergrund haben die Polovcer Krieger ihre Blicke ebenfalls nach oben gerichtet – dorthin, wo „blutiges Morgenrot den Sonnenaufgang verkündet, schwarze Wolken vom Meer herbeiziehen, sie wollen die vier Sonnen verdecken". Stilisierte Anhöhen und Bäumchen ergänzen die Komposition. Die Rolle der Landschaft stellt sich jedoch nicht nur als dekorative Ausgestaltung der Komposition heraus. Diese kleinwüchsigen Bäume und das dichte Gras, in dem sich die Hufe der Pferde gleichsam verwickeln, geben völlig getreu die Empfindung der Steppenweite wieder. Die übrigen vier Kompositionen auf den Seiten der Schatulle sind den lebhafteren Episoden des altrussischen Epos gewidmet. Auf der Vorderseite ist die Schlacht der Russen mit den Polovcern und die Gefangennahme Igor´s abgebildet, auf der rechten Seite Jaroslavnas Klage auf der Stadtmauer, auf der Hinterseite Svjatoslavs Erzählung von seinem prophetischen Traum, sein Aufruf zur Einigkeit sowie die Tänze der Polovcer, auf der linken Seite Igor´s Flucht aus der Gefangenschaft. Das ungewohnte Ornament aus Gold und Aluminium auf dem Deckel der Schatulle zieht die Aufmerksamkeit auf sich. In seine üppigen Pflanzenformen sind stilisierte Figuren von Wölfen und Vögeln eingeflochten, ebenfalls Medaillons mit Bildkompositionen: im Zentrum des unteren Feldes der Seher Bojan mit der Gusli, auf dem rechten Feld die Abschiedsszene Igor´s von Kiev, auf dem oberen Feld der Kampf eines russischen Kriegers mit den Polovcern und auf der linken Platte die sich nach Igor´ sehnende Jaroslavna. Solche komplizierten, mit Details überladenen Ornamente waren typisch für die Palecher Miniatur der 1950er Jahre. Und auch die Form der Schatulle selbst mit den hohen Seiten, den geschnitzten Füssen und dem trapezförmigen Deckel mit seinen reliefartigen Rändern unterscheidet sich merklich von den einfachen, unaufdringlichen Formen jener Gegenstände, die die „alten" Begründer ausgeschmückt hatten.
Das Igorlied.
Anna Aleksandrovna Kotuchina
Schatulle, 1956
Sonnenfinsternis (Deckel, Ausschnitt)

Das Igorlied.
Anna Aleksandrovna Kotuchina
Schatulle, 1956
Die Klage der Jaroslavna (Seitenfläche)

Das Igorlied.
Anna Aleksandrovna Kotuchina
Schatulle, 1956
Igor´s Flucht (Seitenfläche)
Die Wiederbelebung der Traditionen
der „alten" Meister
In den 1960er Jahren schufen N.I. Golikov, R.L. Belousov, B.M. Ermolaev und V.N. Smirnov ihre Kompositionen, indem sie die Widersprüche zwischen den alten, kanonischen Formen und einem übertriebenen Naturalismus überwanden. Die Künstler versuchten, neue Themen und Sujets zu finden. Die Miniatur „Faust" von Golikov entstand nach Goethes gleichnamigem Werk, dessen Hauptheld, Wissenschaftler und Alchimist, seine Seele dem Teufel verkauft hat. Die Darstellung besteht aus mehreren Einzelbildern, die durch eine stilisierte, pflanzenartige Landschaft miteinander verbunden sind. Die ganze Komposition ist von einer einzigen emotionalen Aufwallung durchdrungen, in der etwas Übernatürliches, Phantastisches enthalten ist. Die Farbgebung der Miniatur ist üppig, intensiv.
Faust.
Nikolaj Ivanovič Golikov
Dose, 1957, 20,3 x 27 9 cm
B.M. Ermolaev hingegen schuf in seinen Werken eine Welt voller Schönheit und Poesie, gleichzeitig monumentalisierte er das Bild. Solcher Art ist sein dekorativer Teller „Reiter auf einem weissen Pferd". Die Komposition ist aufgebaut auf dem Gegensatz der Miniaturdarstellungen im Hintergrund und der strengen, verdichteten Gruppe des Pferdes und des Reiters im Zentrum des Tellers. Die hellen klaren Farben verleihen der Miniatur einen heiteren Ton.
Reiter auf einem weissen Pferd.
Boris Michajlovič Ermolaev
Teller, 1984, 23,5 x 2,5 cm
In diesen Jahren begannen die talentierten Meister Boris und Kalerija Kukuliev ihre Laufbahn. Das ewige Thema der Poesie der bäuerlichen Arbeit und der Harmonie zwischen Mensch und Natur zog die besten Palecher Meister an und erhielt eine würdige Weiterentwicklung im Schaffen von K.V. Kukulieva. Ihre Schatulle „Russischer Flachs" ist der heimatlichen Erde von Ivanovo gewidmet. Die örtlichen Folkloretraditionen spiegeln seit alters her die ausserordentliche Bedeutung des Flachses im Leben des Landes. Zweifellos ist dem Werk von Kukulieva, das in den Jahren starken ideologischen Drucks entstanden ist, ein übertriebenes Pathos der Produktionserrungenschaften des sowjetischen Volkes eigen. Aber die Künstlerin bleibt der ererbten Tradition der Poetisierung des Bildes treu. Wie ihr Grossvater, I.I. Zubkov, ist K.V. Kukulieva eine Künstlerin von lyrischem Naturell. Die zerbrechlich-zarten Mädchengestalten im Zentrum der Komposition ähneln den dünnen, biegsamen Flachshalmen. Und auch die ganze Farbskala erinnert an ein uferloses, sich wiegendes Meer einfacher blauer Blumen.
Russischer Flachs.
Kalerija Vasilʹevna Kukulieva
Dose, 1974, 19,7 х 26 х 8 cm
Ein neuer schöpferischer Aufschwung
Die 1970er bis 1980er Jahre sind durch einen erstaunlichen schöpferischen Aufschwung vieler Palecher Meister charakterisiert. Bemerkenswerte Individualität kennzeichnen die Werke von A.D. Kočupalov, A.N. Klipov, G.N. Kočetov, V.F. Morokin, N.B. Gribov und V.V. Buldakov. Die besten Liedtraditionen Palechs stellt die Miniatur „Gut sind unsere Kinder" von Kočupalov dar, die mit einem grossen Gefühl für Humor gemalt wurde. Die lebendige, ausdrucksvolle Zeichnung und die emotionalen Charakteristika der Personen hinterlassen einen unauslöschlichen Eindruck bei den Betrachtern, und daher schmückt die Schatulle „Gut sind unsere Kinder" dauernd die Ausstellung des Museums.
Gut sind unsere Kinder.
Aleksej Dmitrievič Kočupalov
Dose, 1976, 20,5 х 27,2 х 5,5 cm
Es gibt in der Sammlung des Museums nicht so viele Arbeiten, die ihm von ihren Schöpfern geschenkt worden sind. Darunter befindet sich das Triptychon „Die Zeit der Heuernte" von N.P. Lopatin. Es sind dies drei kleinen Schatullen: „Morgen", „Mittag", „Abend" , in denen der Künstler die alte Tradition der Palecher Meister fortsetzt, die Arbeit der Bauern zu poetisieren, indem er ihre Alltagstätigkeit in ein Symbol verwandelt, in ein Ideal der Harmonie und Schönheit.
Morgen - Mittag - Abend.
Nikolaj Pavlovič Lopatin
3 Dosen, 1993, 8 х 8 х 2,5 cm
A.V. Čikurin war ein höchst erfahrener Ikonenmaler, trat aber erst 1931 in die Genossenschaft für Alte Malerei ein. Zusammen mit ihm arbeiteten neben den Gründern der Palecher Kunst in den 1930er Jahren erfolgreich P.D. Baženov, F.A. Kaurcev, V.M. Salabanov und andere, die man Meister der zweiten Generation nennt. Baženov eignete sich die besten malerischen Techniken seiner Lehrer an (I.I. Golikov, I.M. Bakanov, D.N. Butorin), wobei er in der Entwicklung der Traditionen der Palecher Miniatur einen bedeutenden Schritt nach vorne machte. Seine Kompositionen basieren auf einem klaren, linearen Rhythmus. Als ausgezeichneter Zeichner bevorzugte er die graphische Umsetzung eines Bildes. In seinen Werken trachtete er nach einer ausgeprägten psychologischen Charakteristik der Figuren, Intensität und Ausdruckskraft der Form nahmen an Bedeutung stetig zu. Baženovs Miniatur „Der Kranich und der Reiher" markiert den Beginn einer neuen Traditionslinie der Palecher Kunst. Hier fehlen die Archaismen der Ikonenmalerei vollständig, die für alle Arbeiten der Palecher Künstler der vorhergehenden Periode charakteristisch sind. Ab 1935 arbeitete Baženov erfolgreich an Entwürfen für
In den besten Palecher Traditionen ist auch Lopatinas Schatulle „Die Hochzeit" ausgeführt. Die fünf Kompositionen auf dem Deckel und den Seitenwänden der Schatulle stellen detailliert den Gang der Ereignisse in dieser altertümlichen, einzigartigen Zeremonie vor.
Die Hochzeit.
Nina Pavlovna Lopatina
Schatulle, 1994, 9,5 х 14,5 х 9,5 cm
Ungeachtet der ernsten Probleme, die heute in der Kunst Palechs bestehen, kann man von einem bedeutenden schöpferischen Potential der zeitgenössischen Meister der Lackminiatur sprechen. Es bestätigen dies die Arbeiten, die erst kürzlich die Museumssammlung ergänzt haben. Darunter befinden sich zum Beispiel „Die Etüde" von N.N. Arapova und „Das Lied vom Wort" vonA.V. Arapov. Die Zukunft der Palecher Kunst hängt in vielem von der achtsamen Beziehung zu den Traditionen ab, deren Weiterentwicklung einen schöpferischen Standpunkt erfordert.
Die Etüde.
Natalʹja Nikolaevna Arapova
Dose, 2000, 16 х 27 х 4 cm


Das Lied vom Wort.
Andrej Vasilʹevič Arapov
Dose, 1999, 8,5 х 18,5 х 3,3 cm