Eine der zentralen Strassen in Palech, an der sich das Museum für Lackminiaturen befindet, trägt den Namen I.M. Bakanovs. Ivan Michajlovič Bakanov – Verdienter Künstler der RSFSR – war bis 1918 Ikonenmaler. Während 34 Jahren arbeitete er in Palech in der Ikonenmalwerkstatt von I.M. Safonov, anfangs für sechs Jahre als Schüler, danach als Meister. Bakanov galt in Palech als der beste Kenner der Traditionen der Ikonenmalerei und der Technik der Freskenmalerei. Er befasste sich hauptsächlich mit Wandmalerei, was später den Charakter seiner von ihm geschaffenen Miniaturen beeinflusste. 1914 schlug das Komitee zur Pflege der Russischen Ikonenmalerei Bakanov, einem der besten Meister der Ikonenmalerei, vor, an der vom Komitee 1902 in Palech eröffneten Meisterschule zu unterrichten. Er leitete die Klasse für Ikonenmalerei bis zur Schliessung der Schule im Jahre 1918. Als Lackminiaturkünstler beherrschte Bakanov perfekt die althergebrachte Technik des Lavierung genannten Aufeinanderlegens von Farbschichten. Dank des Durchscheinens der unteren Schichten der Farbe durch die dünnen, durchsichtigen oberen Schichten entsteht der Effekt eines inneren Leuchtens der Malerei, eines Verschmelzens eines Farbtons mit dem anderen. Bakanov schuf viele hervorragende Werke, die zu den Klassikern der Palecher Kunst gehören. Er gestaltete Themen aus Volksliedern („Stepan Razin", „Entlang des Strassenpflasters") und besang in Bildern das heimatliche Palech. Seine besten Arbeiten jedoch enthalten Themen aus den Werken Puškins – „Das Märchen vom goldenen Hahn", „Ruslan und Ljudmila", „Der Brunnen von Bachčisaraj". Der Porzellanteller „Und er wirft sie über Bord …" wurde von Bakanov im Jahre 1927 nach einem bei den Palecher Meistern sehr populären Sujet geschaffen. Die Komposition der Bemalung des Tellers ist harmonisch und ausgewogen. Im Zentrum ist ein Schiff mit bizarren Konturen, dessen Formen der Tradition der Ikonenmalerei entsprechen. Die älteren Meister wählten als Vorlage für dieses Motiv normalerweise eine der Randszenen der Ikone „Nikolaus der Wundertäter mit Szenen aus seiner Vita und seinen Wundertaten" eines Palecher Meisters vom Ende des 18. Jahrhunderts. Auf dem Schiff vergnügt sich die lärmende Gesellschaft von Sten´ka Razins Vertrauten und begrüsst den Beschluss des Atamans, die unglückliche Fürstentochter in die Wolga zu werfen. Von der reichen Beute, die sich auf dem Schiff befindet, zeugt ein bunter, über die Bordwand hängender Orientteppich, der die stürmischen Wellen des Flusses berührt. Die Zeichnung ist schematisch, ein wenig grob, und erinnert nur wenig an das raffinierte, verschnörkelte Muster, das Bakanov auf Lackschatullen realisierte. Jedoch die die zentrale Gruppe einrahmenden, sich im Dunst verbergenden Anhöhen, die zarten Bäume sind ein Beispiel für die feine, elegante Linienführung orientalischer Miniaturen. Die ovale Form des Tellers wie auch die gespannten Linien der Wellen verleihen der kompositorischen Realisierung eine bestimmte Dynamik, indem sie in die dargestellte Szene eine dramatische Note einfügen. Das Kolorit dieser Miniatur, wie auch vieler anderer Arbeiten des Künstlers, ist weich und lyrisch, beherrscht von einer einheitlichen Farbskala mit der Dominanz von sanft-lilafarbenen, hellgrünen und hellockerfarbenen Nuancen. Zusammen mit diesem Kolorit klingen kräftig die satte blaue Farbe der Wellen und der himbeerrote wehende Mantel auf den Schultern von Sten´ka Razin.