Anatolij Vasil'evič unterrichtete an vielen bedeutenden Hochschulen und war Professor der Moskauer Staatlichen Universität.
Von 1924 bis 1939 arbeitete er in der Staatlichen Tret'jakov-Galerie, wo er die von ihm geschaffene Abteilung für Graphik und Zeichnung leitete. In den Jahren 2007-2008 wurde zum 125. Geburtstag von Bakušinskij in der „Tretj'akovka" die Ausstellung „Von der Zeichnung begeistert" organisiert, bei der es sich um ein beispielloses Ereignis handelte, da man die Ausstellung nicht dem Werk eines Künstlers widmete, sondern der Tätigkeit eines angesehenen Mitarbeiters und Gelehrten.
Das wissenschaftliche Erbe Bakušinskijs ist sehr umfangreich. Wir nennen hier nur die Arbeiten „Die Kunst von Palech" (´Iskusstvo Palecha´), „Künstlerisches Schaffen und Erziehung" (´Chudežestvennoe tvorčestvo i vospitanie´), „Museal-ästhetische Exkursionen" (´Muzejno-ėstetičeskie ėkskursii´). Er hat praktisch als erster eine Methode zur Durchführung von Museumsexkursionen erarbeitet. Dank A.V. Bakušinskijs Tätigkeit sind die künstlerischen Traditionen von Palech, Mstera, Gorodec, Chochloma und Dymkovo erhalten geblieben und schöpferisch bereichert und fortgesetzt worden.
Anatolij Vasil'evič Bakušinskijs Rolle im Schicksal von Palech (wie auch anderer künstlerischer Zentren Russlands) kann man nicht hoch genug einschätzen, soweit er wirkungsvoll am Prozess des Erhalts der alten Ikonenmal-Traditionen und gleichzeitig am für Palech lebenswichtigen Übergang von der Ikonenmalerei zur Lackminiatur teilnahm. Ungeachtet der scharfen Kritik vonseiten der Verfechter der Zerstörung der „alten Welt", die den Gelehrten des „Hinüberziehens" von Überlebtem (nämlich der Ikonenmal-Tradition) in die Kunst des heutigen Palech beschuldigten, vermochte Bakušinskij seine Ansichten zu verteidigen und die Lebensnotwendigkeit des Bewahrens jahrhundertealter Traditionen als Grundlagen der neuen Richtung in der Kunst Palechs zu beweisen.
Als herausragendes, positives Charakteristikum von Anatolij Vasil'evič muss man unbedingt seine demokratische Gesinnung bezeichnen, seine Fähigkeit, eine gemeinsame Sprache mit den Künstlern zu finden, mit den Meistern der dekorativen, angewandten Kunst, die von der Natur mit dem Talent versehen worden waren, Schönes zu schaffen, sich aber nicht immer in kunstwissenschaftlichen Theorien auskannten. Er geizte nicht mit Zeit für aufklärende Gespräche, wobei er vor den Künstlern die unübersehbaren Räume der Weltkunst aufzeigte und die Verbindungen der Palecher Ikonenmalerei mit ihr aufspürte. Anatolij Vasil´evič schätzte die Persönlichkeit eines Meisters sehr hoch ein und betonte auf jegliche Art und Weise, wie behutsam man sich gegenüber der zarten Natur eines Schöpfers verhalten muss. Auch die Künstler sprachen mit ihm in einer Sprache, nicht als „Angeleitete", sondern als Gleichgesinnte und Kampfgefährten.
Mit Wehmut, warmherzig und detailliert erinnerte V.M. Vasilenko an seinen Lehrer und Kollegen im Essay
ANATOLIJ VASIL'IEVIČ BAKUŠINSKIJ UND DIE VOLKSKUNST
Aus dem Dunkel der Erinnerung taucht das Bild von Anatolij Vasil'evič auf, und ich höre gleichsam seine Stimme und sehe seine gütigen, freundlichen, durch ihr unergründliches Blau überraschenden Augen, seine ruhigen, aber bestimmten Bewegungen und seine hohe Gestalt. Mit ihm war es immer unkompliziert, niemals spürte man, dass man mit einem Menschen sprach, der viel höher stand als man selbst. Er freute sich immer über ein Treffen mit einem Menschen, war leutselig und aufmerksam. Der Umgang mit ihm und selbst ein kurzes Gespräch erfrischten einen und hinterliessen den Wunsch, an etwas, das unüberwindbar schwierig erschien, zu arbeiten … Ich lernte, natürlich nicht so vollkommen, wie er dies tat, die künstlerische Analyse von Werken der dekorativ-angewandten Kunst, Aufmerksamkeit und tiefe Hochachtung gegenüber dem kleinsten, von einem Künstler geschaffenen Werk … Von allen auf diesem Gebiet Arbeitenden unterschied er sich dadurch, dass er nicht nur Kunstdenkmäler untersuchte, sondern auch nicht weniger Kraft, Gefühl und Scharfsichtigkeit dem lebendigen Umgang mit den Künstlern widmete, jener Hilfe, in der er eine seiner wichtigsten Arbeiten sah. GERADE ER ERRIET DAS HAUPTSÄCHLICHE IN DER KUNST VON PALECH …
Bakušinskijs Buch über die Kunst von Palech ist ein Beispiel für das tiefe Verständnis des Gegenstandes, der bildhaften, präzisen Sprache. Er versteht es, beim Leser Interesse zu erwecken, ihn zu zwingen, eine kostbare Schatulle in die Hand zu nehmen und sie zu betrachten. Sogleich steht uns dieses Buch dadurch besonders nahe, weil hier nicht eine äusserliche, kalte und oberflächliche Beschreibung gegeben wird, sondern die Wahrnehmung eines lebendigen Gefühls der Freude, die bei der Begegnung mit einem Kunstwerk aufkommt … Er liebte es, Gegenstände längere Zeit zu betrachten. „Je länger ihr schaut, umso vollständiger werdet ihr erkennen," waren seine Lieblingsworte, „Habt es nicht eilig. Einer der verbreiteten Fehler jener, die sich mit angewandter Kunst befassen, ist das Gleiten über die Oberfläche, der Unwille, sich länger mit den Gegenständen zu befassen. Gegenstände muss man ebenso aufmerksam betrachten, wie Bilder und Skulpturen."