Ein glückbringender Tropfen

Pavel Dmitrievič Baženov

Pavel Dmitrievič Baženov wurde am 18. Juni 1904 in Podolino im Gouvernement Vladimir geboren. Baženov starb während des Grossen Vaterländischen Krieges am 12. Oktober 1941 auf dem Weg an die Front.

Er stammte aus einer Familie von Ikonenmalern und sollte an der Palecher Schule für Ikonenmalerei zum Ikonenmaler ausgebildet werden. Kurze Zeit nach Beginn der Revolution wurde die Schule geschlossen. Pavel Baženov kehrte in sein Dorf zurück und arbeitete als Hirte. Aber sein Interesse an der Malerei blieb erhalten, seine ganze Freizeit widmete er dem Zeichnen.

Im Jahr 1926 wurde als erster Lehrling in die Palecher Genossenschaft für Alte Malerei aufgenommen. Ivan Ivanovič Golikov und Ivan Michajlovič Bakanov, Palecher Lackkünster der ersten Stunde, bildeten den Lehrling zum Miniaturmaler aus.

Bis Mitte der dreissiger Jahre gelang es Pavel Baženov, vor allem dank intensivem Studium der Traditionen der Stroganov Schule, einen eigenen, verfeinerten Malstiel zu entwickeln.

(Vitaly Kotov and Larisa Taktashova Palekh - The State Museum of Palekh Art, Izobrazitelnoye Isskustvo Publishers, Moscow, 1990, Seite 22.)
Der Palecher P.V. Baženov.
N. Švede-Radpovoj, 1934.
Aus der Zeitschrift Naši dostiženija, 5-6, maj-ijun' 1935, Nachdruck 1991, Seite 35.
Im Jahr 1934 publizierte Efim Vichrev, Dichter und Freund der Palecher Lackkunst, ein Buch mit dem Titel

Die Palecher – Aufzeichnungen der Palecher Künstler über ihr Leben und Schaffen, geschrieben im Sommer des Jahrs 1932, mit Abbildungen ihrer Werke.

(Efim Vichrev Palešane – Zapiski palechskich chudožnikov o ich žizni i tvorčestve, napisanye letom 1932 goda i illjustrirovannye imi samimi, Moskovskoe tovariščestvo pisatelej, Moskva, 1934.)
In der Einleitung zu seinem Buch schreibt Vichrev:

Seit sieben Jahren korrespondiere ich ohne Unterbruch mit den Künstlern des Dorfes Palech, ehemaligen Ikonenmalern. Diese Korrespondenz diente als Anlass für die Realisierung des dem Leser vorliegenden Buches. Als ich die alten Briefe der Palecher noch einmal las, wurde mir klar, dass sie viele wertvolle und gesellschaftlich wichtige Aussagen enthalten: Die Briefe setzen sich mit Fragen zur Psychologie ihres Schaffens, zum Stil und zur Technik der Palecher Malerei und zur Geschichte der Palecher Kunst auseinander. Im Weiteren enthalten sie biografische Daten aus dem Leben einiger prominenter Palecher Meister.

Allerdings sah ich keinen Grund, die Briefe der Palecher zu veröffentlichen, die Zeit dafür schien mir noch nicht gekommen. Dann kam mir die Idee, ein Buch zu realisieren, in dem die Palecher selbst über ihr Leben und ihre Arbeit schreiben würden… Und die Künstler begannen zu schreiben. Sie schrieben dieses Buch innerhalb von zwei Monaten – im Juni und Juli 1932…

Dieses Buch enthält auch den im folgenden wiedergegebenen Aufsatz Sčastlivaja kaplja (Ein glücklicher Tropfen) von Pavel Dmitrievič Baženov (Seiten 239 - 247),

Die Fotografien für die mit Staatliches Museum für Palecher Kunst bezeichneten Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Frau Olʼga Vladimirovna Šemarova, Hauptkonservatorin am Staatlichen Museum für Palecher Kunst, zur Verfügung gestellt.

Übersetzung des Texts aus dem Russischen: Elena Buljukina, Dr. Felix Waechter. Kommentare (kursiv): Felix Waechter.
Ein glücklicher Tropfen
Ich erinnere mich, dass Pater Nicholas mir das Buch des Alten Testaments auf den Hinterkopf schlug, weil ich ihm nicht sagen konnte, was Gott am vierten Tag der Schöpfung erschaffen hatte. Das war im Jahr 1915 in der Ikonenmalschule.

Ich schaffte es nicht, die Schule zu beenden.

In meinem dritten Studienjahr versetzte die Revolution der Religion einen Tritt und die Werkstätten für Ikonenmalerei wurden geschlossen. Auch die Schule wurde geschlossen. Ich begann in einem dörflichen Betrieb zu arbeiten.

Das dauerte bis September 1926, dann besuchte ich nach zwei Einladungen von I.M. Bakanov zum ersten Mal die Genossenschaft für Alte Malerei. Hier sah ich einen Mann mit Brille, mit einem buschigen Schnurrbart - das war der Leiter Ivan Vasilʼevič. Und auf dem Schemel sass einer, gebückt, klein und mager, wie der Evangelist Lukas. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass das der grosse Meister I.I. Golikov war.
Aus: Efim Vichrev Die Palecher.
Seite 241 (Der Beginn des Texts von Baženov)
Ivan Michajlovič Bakanov fasste mich von hinten an den Schultern, führte mich zum Vorsitzenden und meinte:

Das ist Baženov, er hat in der Schule gezeichnet, wie Wilhelm in einem Sieb den Fluss hinuntertreibt. Ich denke, er wird sich auch mit Papiermaché gut zurechtfinden.

Er bot mir an zu kopieren. Bereits am nächsten Morgen sass ich am Tisch. Der Leiter brachte mir Lackarbeiten, gab mir eine erste Anleitung zur Verwendung der Tünche, und ich begann mit dem Pinsel zu malen, ich kopierte Golikovs Komposition Das Pärchen: Auf einer blumengeschmückten Wiese steht ein Mädchen in einem weissen Pullover und einem rosa Kleid, es trägt Pantoffeln und hält Vergissmeinnicht in der Hand; daneben steht ein junger Mann mit Lockenkopf, er trägt ein rotes Hemd und lila Hosen. Ein leuchtend grüner Baum mit bläulichem Schimmer neigt sich über ihre Köpfe, jedes Blatt ist klar und fest in Gold ausgeführt.

Geduldig führte ich den Pinsel über das Kästchen. Diese Miniatur war wunderbar, vor allem die Gesichter. Willst du, dass das Auge leuchtet, leuchtet die Stirn und anstatt der Nase leuchtet die Wange. Wenn du dich auch nur um ein Haar täuschst, hast du am Ende einen schiefen Mund gemalt. Es war ein Jammer. Mehrmals kratzte ich die Farbe ab und begann wieder neu. In der Woche, in der mir mein erstes Werk gelang, wurde ich als erster Lehrling in die Genossenschaft aufgenommen. Als Lehrer wurden mir Golikov und Bakanov zugewiesen. Nachdem ich zwei Arbeiten kopiert hatte, erklärte mir Golikov, worauf ich bei einem eigenen Entwurf achten sollte, und forderte mich auf, selbst eine Komposition zu zeichnen.

Ich dachte mir ein Jagdsujet aus und begann zu zeichnen: Ein Jäger zu Pferd holt aus, um seinen Speer auf ein Reh zu werfen, das auf seinem Weg den Fluss im Vordergrund durchquert hatte. Ich beriet mich mit Golikov. Er meinte, das Wichtigste sei, dieser Komposition Dynamik zu vermitteln, den rechten Arm der Figur Schwung zu geben. Meine Figur war zu schlaff.

Nachdem ich die Zeichnung entsprechend Golikovs Anmerkungen korrigiert hatte, begann ich, sie auf die Malfläche zu übertragen. Die Arbeit gelang. Nachdem sie mein erstes Werk mit meiner eigenen Komposition gesehen hatten, meinten Golikov und Bakanov, ich würde es gut machen.

... Eines Morgens komme ich früh in die Werkstatt. Golikov sitzt auf seinem Platz. Bei ihm ist Osip – Osja, ein ehemaliger Ikonenmaler aus dem Dorf Kovšovo. Osja ernährt sich von Almosen und ist dem Trinken nicht abgeneigt. Eine seiner Füsse steckt in einem Vodkaeimer, der andere in einer Sandale. In jenen Jahren, kurz vor seinem Tod, kam Osja oft in der Werkstatt vorbei und scherzte. "Nicht ein einziger Besitzer ist da, nur die Angestellten" höre ich ihn sagen, "aber ein Fuchs ist besser als ein Falke, das Fleisch ist fetter".

Golyakov lacht und meint, gibt man dem Falken eine halbe Flasche, wird der Falke besser. Dann dreht sich Golikov mir zu und zeigt auf Osja:

Hier ist ein Freund. Ich habe keine Freunde, nur Balda (Anmerkung Efrim Vichrev: A. E. Baldenkov – ein armes Genie), aber hier ist er.

Man bringt Golikov das Frühstück. Er brach für Osja Käsekuchen ab, beide begannen zu essen und tranken Milch. Ein paar Minuten später sass Golikov angespannt und konzentriert wie zuvor an der Arbeit und bemalte den Brokat eines Pferdegeschirrs unter Verwendung der alten Zeichnung eines Luboks. Und während der Arbeit sang er: Vanjas Mutter verabschiedete Vanja zu den Soldaten nach dem Motiv: "Kein Land, keinen Hof – der Bauernkaftan ist alles, was ich habe".

Kopieren zu lernen ist nicht das Wichtigste. Die Raffinesse eines Meisters zeigt sich in seinen eigenen Kompositionen. Die Wahl des Sujets, die harmonische Anordnung der Figuren, die Einhaltung des Stils, die Festigkeit der Zeichnung, die Kombination der Farben, das abschliessende Malen mit Gold.

Man benötigt Material, zum Beispiel Bücher von Klassikern, illustrierte Zeitschriften, und um die Modernität einzufangen, sind möglichst viele Bilder von neuen Gebäuden unerlässlich. Ohne diese Dinge beschreiten die Meister oft falsche Wege. Noch besser ist es, Fabriken, Kraftwerke, Hochöfen und Turbinen mit den eigenen Augen zu betrachten.

Um richtig zu malen, muss man viel sehen. Um viel zu sehen, sind Exkursionen und Dienstreisen unentbehrlich. Ich habe auf einem Bild ein neues Gebäude gesehen – das ist gut, aber viel besser ist es, das Gebäude in Wirklichkeit zu sehen.

In der Kunst hilft zuweilen eine zufällige Eingebung. Einmal erlebte ich sowas selbst. Als Wehrpflichtiger war ich in einem territorialen Ausbildungslager. Nach taktischen Übungen rief uns der Kompaniechef zusammen, wir formierten uns und gingen zum Treffpunkt der ganzen Division. Der Divisionskommandant, Genosse Aplok, hielt eine Rede, die jedem Soldaten das Gefühl für Disziplin einschärfte. Er sprach über die Aufgaben der Roten Armee, über das Verhalten der Züge im Kampf, über die Leistungen und Fehler einzelner Einheiten, über die Stärke der Roten Armee. Er sagte, dass diese Armee die erste auf der Welt sei, die die Interessen der Arbeiter und Bauern verteidigt. Ihre Kraft wurde vom Redner eindrücklich dargestellt. Seine Rede ist mir in Erinnerung geblieben. Ich war stolz auf dem Gedanken, dass auch ich die Interessen der Werktätigen verteidige.

Als ich ins Lager zurückkam, erinnerte ich mich an Palech, an die Kunstwerkstatt. Und am Abend, nach dem Zapfenstreich, als ich mich schlafen legte, kam mir die Idee, die Rotarmisten zu zeichnen, die die Grenzen unseres Baus schützten.
Bewachung der Grenze der UdSSR.
Pavel Baženov, undatiert, Zeichnung.
Staatliches Museum für Palecher Kunst, GMPI KP-3031 SI 1652 L
Für die Verteidigung der UdSSR.
Pavel Baženov, 1933, Schatulle.
Aus: Efim Vichrev Die Palecher. Seite 244
Am Morgen, nach dem Frühstück, ging die Kompanie zum Unterricht, und ich begab mich wie üblich zum Lenin-Zelt. Ich erinnerte mich an den gestrigen Gedanken, nahm einen Bleistift und Papier und begann, drei Rotarmisten, die in der Nähe standen, zu skizzieren. In Gedanken stellte mir vor, wie sie an der Grenze der Sowjetunion standen im Rücken ihren Fabriken, Werke und Kolchosen.

Der politische Offizier kam herein, ich unterbrach meine Tätigkeit, rollte das Papier zusammen und steckte es in meine Tasche. Am Ende der Versammlung entfaltete ich es wieder und mir schien, dass drei Rotarmisten zu viel waren: Es ist besser, die Kraft in einer Figur auszudrücken, diese gross wie ein Riese zu machen, und die Gebäude als Miniatur darzustellen. Als ich zum Artel zurückkehrte und zu arbeiten begann, fühlte ich immer noch keine Sicherheit in meiner Hand, sie zitterte nach dem Gewehr. Um meine Hand wieder zu trainieren, begann ich ein Ornament zu malen. Ich holte meine Skizze mit den Rotarmisten heraus und begann, sie in einer zweiten Version mit nur einem grossen Rotarmisten umzugestalten. Der Rotarmist schaut durch ein Fernrohr. In der anderen Hand hält er das Gewehr. Hinter ihm sind Industriegebäude zu sehen. Ich begann zu malen und überzeugte mich, dass mit einer Figur mehr Kraft zum Ausdruck kommt als mit drei.
Bewachung der Grenze der UdSSR.
Pavel Baženov, 1932, Zeichnung.
Staatliches Museum für Palecher Kunst, GMPI Bft 95
Bewachung der Grenze der UdSSR.
Pavel Baženov, 1935, Platte, 23,2 x 17,4 cm
Staatliches Museum für Palecher Kunst, GMPI Bft 314
Am Morgen des folgenden Tages begann ich mit den Farben. Nachdem ich Zinnober vorbereitet und auf die Zeichnung aufgebracht hatte, tropfte ich aus Versehen auf den Rotarmisten und legte die Zeichnung frustriert beiseite. Der Klecks verschmierte die ganze Figur. Schade! Ich musste alles neu malen. Zunächst konnte ich das nicht akzeptieren. Dann schaute ich nochmals und bemerkte: die rote Fläche trennt die Figur von ihrer Umgebung, sie wirkt noch mächtiger. Was wäre, wenn die ganze Figur rot wäre, zinnoberrot? Und alsbald war der Rotarmist ganz in Rot gemalt.

Dieser Klecks durchkreuzte mein ursprüngliches Farben-Konzept, er brachte mich auf eine neue Idee. Dieser kleine Vorfall führte mich also zu etwas Neuem. Und wie viele solcher Ursachen gibt es, die die Kreativität des Meisters fördern!
Pavel Baženov im Staatlichen Museum für Palecher Kunst
Es folgen ausgewählte Zeichnungen und Lackarbeiten von Pavel Baženov aus dem Staatlichen Museum für Palecher Kunst.
Florale Ornamente.
Pavel Baženov, 1935, Skizze
Staatliches Museum für Palecher Kunst, Bft 1834


Čurila Plenkovič.
Pavel Baženov, 1934, Schatulle
Staatliches Museum für Palecher Kunst, Bft 423
Čurila Plenkovič ist ein Held aus den russischen Bylinen. Ein typischer Dandy – ein reisender Don Juan.


Djuk Stepanovič.
Pavel Baženov, 1940, Schatulle
Staatliches Museum für Palecher Kunst, Bft 616
Djuk Stepanovič – ein junger Held aus den russischen Bylinen. Über einen heimtückischen Pass reitet er nach Kiew zu Prinz Vladimir. Hungrige Vögel attakieren ihn, ein Drache speit Feuer auf ihn und sein Pferd.


Der Reiher und der Kranich.
Pavel Baženov, 1941, Dose
Staatliches Museum für Palecher Kunst, GMPI KP-1638 SI 622 L
Ein russisches Volksmärchen. Der Kranich und die Reiherin leben an einem Moor in ihren Hütten. Beide fühlen sich einsam. Der Kranich beschliesst, der Reiherin einen Heiratsantrag zu machen und besucht sie. Diese lehnt ab. Wieder allein, bereut sie ihren Entscheid und besucht ihrerseits den Kranich, um ihn zu bitten sie zur Frau zu nehmen. Jetzt lehnt er ab, und die Reiherin begibt sich unverrichteter Dinge zurück in ihre Hütte. So umwerben sie sich bis heute, aber eine Heirat kommt nicht zustande. Zu stolz, zu narzisstisch sind die beiden.


Gavriiliada.
Pavel Baženov, 1933, Dose
Staatliches Museum für Palecher Kunst, Bft 83
Baženovs Komposition bezieht sich auf das gleichnamige Gedicht von Aleksandr Puškin. Reinhard Lauer schreibt dazu: "In voltaireskem Übermut schrieb Puškin in der Karwoche des Jahres 1821 das Poem Gavriiliada (Gabrieliade), das ihm manchen Ärger einbringen sollte. In witzig-blasphemischer Manier liess er sich darin über Mariens unbefleckte Empfängnis aus. Maria wird als 16jährige pubertäre Schönheit geschildert, der sich nacheinander der Satan in Gestalt einer schönen Schlange, der Erzengel Gabriel und Gottvater selbst nähern." (Reinhard Lauer GESCHICHTE DER RUSSISCHEN LITERATUR Verlag C. H. Beck, München, 2000, Seite 189.)


Das zukünftige Palech
Zur Erinnerung an den 1901 geborenen Dichter Efim Vichrev realisierte die Palecher Organisation des Künstlerverbandes der RSFSR 1991 einen Nachdruck der Zeitschrift "Naši dostiženija" (Unsere Errungenschaften), Heft 5-6, Mai/Juni, 1935. Auf Seite 48 befindet sich ein kurzer Text von Vichrev mit dem Titel "Buduščij Palech" (Das zukünftige Palech). Der Text ist offensichtlich an den Palecher Künstler Aleksandr Egorovič Baldenkov, den "Armen Genius" gerichtetet (Übersetzung aus dem Russischen: Dr. Felix Keller und Dr. Felix Waechter):
Die Kunstwerkstatt wird sich nicht in dieser Hundehütte befinden, sondern in einem riesigen Haus mit einer neuartigen Architektur. Die Wände dieses Hauses werden von deinen eigenen Meistern ausgemalt werden, Sie werden sich bemühen, mit jedem Pinselstrich das Streben von drei Jahrhunderten zum Ausdruck zu bringen.

In der Nähe wird sich die Malschule befinden, wo die jungen Palecher gierig den scharfsinnigen Professoren zuhören werden und wo die Augen und Hände der jungen Männer freudig die unerschöpfliche Philosophie der Farben begreifen werden.

Die Menschen werden erkennen, dass die Religion nicht mehr nötig ist, und dann wird die Paleсher Kirche zu einem Museum umgestaltet werden, das den Uffizien in Florenz in nichts nachsteht. Dort wird alles zu sehen sein, was die Revolution verschont und wiederbelebt hat.

Jeder Stein von Paleсh wird eine wertvolle Erinnerung sein.

Auf dem Grab des "Armen Genius" wird ein schönes Denkmal stehen.

Mögen Hunderte von ausländischen Touristen kommen. Besucher aus Übersee werden erkennen, wie klug die Revolution Vergangenes mit Gegenwärtigem zu verbinden weiss.

Efim Vichrev – lange vor der Gegenwart, in Zeiten Palecher Ungewissheit.
Auf Seite 49 wird Vichrevs Text mit der Zeichnung Das zukünftige Palech von Pavel Baženovv ergänzt.
Buduščij Palech (Das zukünftige Palech).
Pavel Baženov, 1935, Zeichnung

Auf der Zeichnung ist das Zentrum Palechs zu sehen. Im Vordergrund die über das Flüsschen Paleška führende Brücke. Zwei parallele Strassen führen leicht bergan links und rechts an der Kreuzerhöhungskirche vorbei. Nebst dekorativen Elementen – die ornamentalen Blumen etwa, oder die rhythmischen Wellen des Flüsschens im Vordergrund zeigt uns Baženov die futuristischen, sowjetischen Errungenschaften: Elektrifizierung, Mobilität in der Luft und auf den Strassen.

Dazu, den Beschriftungen an den Bauten folgend, weitere typische Einrichtungen für eine dörfliche Gemeinschaft der neuen postrevolutionären Gesellschaft. Entlang der linken Strasse (von oben nach unten): ein Hotel, ein Kino, die Post, das Bezirkskomitee, die Sparkasse, eine Apotheke. Entlang der rechten Strasse (von oben nach unten): das Haus der Kinder, ein Friseur, die Schule, eine Buchhandlung, ein Lebensmittelgeschäft, die Kunstwerkstätten. Zwischen den Strassen ist aus der Kreuzerhöhungskirche das "Staatliche Museum Palech" geworden, davor ein Denkmal für den "Freund Vichrev".




Palech, Blick von der Paleška in Richtung Kreuzerhöhungskirche (1930er Jahre).
Quelle: Tatʼjana Surkova, Palech
Die Fotografie zeigt das Malerdorf in den 1930er Jahren. Pavel Baženov zeichnete sein futuristisches Palech im Jahr 1935.