Mensch und Natur

Die Künstlerin
Natalʹja Nikolaevna Denisova-Babanova

Natalʹja Nikolaevna Denisova-Babanova, geboren am 24. Mai 1975 in Kochma, Region Ivanovo.
1990, nach Absolvierung der Bogdaner Mittelschule, Eintritt in die Palecher Kunstschule..
1995, Abschluss der Palecher Kunstschule mit Auszeichnung. Diplomarbeit: Jagd, Schatulle. Supervisor: Aleksej Dmitrievič Kočupalov. Dozenten: Viktor Ivanovič Golov, Vladimir Vasil'evič Buldakov.
Anschliessend Studium in der Meisterklasse von Vjačeslav Fedorovič Morokin.
Mitglied des Künstlerverbandes Russlands.
Natalʹja Nikolaevna Denisova-Babanova war Teilnehmerin an verschiedenen Ausstellungen:
2016. Allrussische Kunstausstellung Gesichter Russlands, Archangelsk
2016. Allrussische Kunstausstellung Volkskunst Russlands, Nižnij Novgorod
2016. Ausstellung Aus reiner Quelle, Orenburg
2014-2015. Ausstellung Palech - Ein Stück Russland, Zentrales Haus der Künstler, Moskau
2014. Jubiläumsausstellung 90 Jahre Palecher Kunst, Staatliches Museum für Palecher Kunst, Palech
2014. Kunstausstellung ...und die Kerze ist nicht erloschen anlässlich der Feier 700 Jahre Hochwürdiger Sergij von Radonež, Kunsthistorisches Museumreservat von Sergiev-Posad
2014. Allrussische Kustausstellung Wiedergeburt, Rjazanʹ
2013. Ausstellung Palecher Meisterwerke - der Stolz Russlands, Ples
1999. Interregionale Kunstausstellung Palech an der Schwelle zum dritten Jahrtausend, Moskau

Im Folgenden stellt die Künstlerin eine Auswahl ihrer Arbeiten vor. Sie verfasste auch die Texte.
Aus dem Russischen von Dr. Felix Waechter.
Jagd.
Diplomarbeit, 1995, 13 x 28,5 x 3 cm
Seit meiner frühsten Kindheit wollte ich Künstlerin werden. Ich liebte die Natur in all ihren Erscheinungen. Die wunderbaren Jahreszeiten, mit Interesse zu beobachten, wie eine Jahreszeit die andere ablöste. Besonders liebte ich den Wald und das Wasser der Flüsse und Seen.

Im Wald empfinde ich Frieden und innere Ruhe, einen aussergewöhnlichen Aufschwung von Gefühlen und stille Freude. Im Herbst freut sich die ganze Familie Pilze zu suchen. In dieser Zeit zeigt sich der Wald in einem bunten Gewand, eine Raserei von Farben! Und befindet sich in der Nähe ein Fluss, ist es doppelt angenehm. Wasser kann so verschieden sein: friedlich, hastig, leidenschaftlich. Aber immer wunderschön.

Und meine Arbeiten? Ich versuche die Schönheit der Natur und die Verbindung zwischen Natur und Mensch wiederzugeben.

Zum Beispiel der Teller Gewitter. Eine drohende Erscheinung der Natur, aber wie mächtig und wie faszinierend. Ich möchte, dass der Wind auf meiner Arbeit zu fühlen ist, dass sich seine Bewegung in den Bäumen, auf dem Wasser, bei den Menschen und Tieren zeigt.
Gewitter.
Teller, 1996, 24,6 cm
Schon während meiner Studienjahre hatte ich Interesse an der orthodoxen Kirche. Die Harmonie der Gottesdienste, die festlichen Gesänge, die wunderbare Welt der Ikonen. Da war eine andere, unsichtbare himmlische Welt. Das zeigte sich auch in meinen Arbeiten. Zum Beispiel das Panneau Schutzengel. Die Menschen besorgen ihre täglichen Arbeiten, aber sie sind beschützt von himmlischen, körperlosen Kräften.

Schutzengel.
Platte, 2005, 23,9 x 37,2 cm
Auch die Arbeit Und sie fliegen ins Paradies auf ihren geflügelten Pferden öffnet die Tür in eine andere Welt. Der Titel ist dem Lied Chanson vom jungen Husar von Bulat Okudžava entnommen. Diese Worte waren für mich so poetisch, dass ich beschloss, mein Panneau so zu benennen. Es soll allen für die Heimat gefallenen Soldaten gewidmet sein.

Bulat Okudžava schrieb viele Lieder zum Thema Krieg. Er selbst kämpfte im Grossen Vaterländischen Krieg, diese Thematik stand ihm sehr nah. Mein Panneau gilt jedoch nicht dem Lied Chanson vom jungen Husar. Okudžava verweist uns auf ein konkretes historisches Ereignis, ich meine auf den Krieg mit Napoleon im Jahr 1812 und erzählt von der Liebe eines jungen Husaren.

Mein Panneau bezieht sich nicht auf einen konkreten Krieg, sondern vielmehr auf alle Kriege, die waren und - Gott möge uns davor behüten - vielleicht noch sein werden. Es ist losgelöst von einer bestimmten Zeit. Egal welche Uniform Soldaten tragen, Krieg bleibt Krieg. Er ist immer hässlich und ohne Ausnahme schmerzhaft für alle Menschen, für jene an der Front und für jene im Hinterland. Mit meiner Arbeit möchte ich die Hoffnung auf Gott und die Welt zum Ausdruck bringen, selbst unter den schwierigsten Umständen. Ich möchte den Gedanken ausdrücken, dass es mit Gott keine Toten gibt, mit Gott sind alle am Leben.
...und sie fliegen ins Paradies auf ihren geflügelten Pferden...
Platte, 2015, 38 x 54 cm
Zur Arbeit Heiliger Eustachius. Zum ersten Mal sah ich dieses Sujet auf dem Kupferstich "Der heilige Eustachius" von Albrecht Dürer. Dieses Sujet und der Künstler faszinierten mich sehr.
Der heilige Eustachius.
Albrecht Dürer
Kupferstich, 1501, Platte, 35,5 x 25,9 cm
Quelle: Wikipedia

Der heilige Grossmärtyrer Eustachius wurde auf dem Namen Placidus getauft. Er war Heerführer unter den Kaisern Titus (79-81 n.Chr.) und Trajan (98-117 n.Chr.). Schon bevor er Christ wurde, übte sich Placidus in Werken der Bamherzigkeit, half den Bedürftigen und Leidenden. Der Herr verliess den wohltätigen Heiden in der Finsternis des Götzendienstes nicht.

Einmal auf der Jagd verfolgte er auf einem schnellen Pferd einen Hirsch, dieser blieb auf einer Anhöhe stehen, und Placidus erblickte in seinem Geweih überraschend ein strahlendes Kruzifix.

Der erstaunte Placidus hörte eine Stimme: "Warum verfolgst Du mich, Placidus?" "Wer bist Du, Herr, der Du zu mir sprichst?" fragte Placidus erschrocken. Und er vernahm die Antwort: "Ich bin Jesus Christus, Gott, der Erretter der Menschheit durch meine erduldeten grossen Leiden und meinen Tod am Kreuz. Du verehrst mich, ohne mich zu kennen, denn ich weiss um deine grosszügige Mildtätigkeit. Ich bin hier, um Dich zu bekehren und Dich mit meinen treuen Jüngern zu vereinen. Denn ich will nicht, dass Menschen, die gerechte Werke vollbringen, durch teuflische Anschläge verderben." Placidus rief: "Herr, ich glaube, Du bist der Gott des Himmels und der Erde, der Schöpfer aller Kreaturen. Ich bitte Dich, Herr, lehre mich, was ich tun soll! " Und nochmals erklang die göttliche Stimme: "Gehe zum christlichen Priester, empfange von ihm die Taufe, und er wird dich zur Erlösung führen".

Mit meiner Arbeit stellte ich dieses Wunder dar, welches das Leben von Placidus ein für alle Mal veränderte und ihn schliesslich ins Himmelreich führte.
Heiliger Eustachius.
Platte, 1998-1999, 25,3 x 38,2 cm
Eustachius 2.
Das dekorative Wandbild Das Licht von Radonež ist dem großen Wundertäter, Erleuchter und Fürsprecher der russischen Erde gewidmet: Sergij von Radonež.
Das Licht von Radonež.
Dekoratives Panneau, 2009 - 2014, 147 x 127 cm.


Das Licht von Radonež.
Dekoratives Panneau, 2009 - 2014, Details.
Die Erscheinung des Jünglings Bartholomäus (links).
Weihe des heiligen Sergij zum Abt (rechts).


Das Licht von Radonež.
Dekoratives Panneau, 2009 - 2014, Details.
Die Vision der Vögel während des Gebets (links).
Erscheinung der Gottesmutter mit Petrus und Johannes vor Sergij (rechts).

Die wunderschönen Märchen des dänischen Dichters Hans Christian Andersen liebe ich seit meiner Kindheit. Die wilden Schwäne ist eines davon. Erzählt wird die tief ergreifende Geschichte über die aufopferungsvolle Liebe der Jungfrau Elisa zu ihren Brüdern. Ich denke, das ist nicht einfach ein Märchen, sondern eine wahrhaftig tiefgründige, besinnliche Geschichte über eine grosse Tat, über die Heiligkeit und das Vertrauen in Gott den Herrn.

"Ach, was bedeutet körperlicher Schmerz im Vergleich zur Trauer, die mein Herz zerreisst!" sinniert Elisa. "Ich muss mich entscheiden! Herr, verlasse mich nicht!" Mit meinem Panneau Die wilden Schwäne möchte ich auf die Güte und die Liebe der sanftmütigen Elisa hinweisen, nicht auf die Pracht von Kleidern, nicht auf das Flechten der Zöpfe, sondern auf die Schönheit ihrer Seele. Das unerwartete, geheimnisvolle Treffen im Wald, das erschrockene Pferd, der verwunderte Reiter. Sie erblickten etwas, etwas Überirdisches, für normale Menschen Ungewohntes. Die Gestalt der jungen Elisa ist anziehend und erschreckend. Weshalb schweigt sie? Ein Geheimnis…

Diese Geschichte rührt zu Tränen! Schlussendlich siegt das Gute – so wie es sein sollte!
Die wilden Schwäne.
Platte, 2000, 22,0 x 16,0 x 0,8 cm
Vor einiger Zeit machte mich ein Kenner der Palecher Kunst auf den Versroman Der Recke im Tigerfell des bedeutenden georgischen Dichters Schota Rustaweli aufmerksam. Eine kurze Beschreibung des Werkes findet sich in: Swiad Gamsachurdia. Die Bildsprache in Rustawelis Mann im Pantherfell, aus dem Georgischen übertragen von Konstantin Gamsachurdia. 2010, Nina und Konstantin Gamsachurdia, Basel, Schweiz. (Die nachfolgende Kurzbeschreibung aus Gamsachurdias Werk wurde von F.W. eingefügt. Der Titel des Epos wird unterschiedlich mit Der Recke im Tigerfell oder, z.B. bei Gamsachurdia, mit Der Mann im Pantherfell oder übersetzt.) Das ganz Epos umfasst 1699 Verse, die aus vier Zeilen bestehen und gereimt sind. Jede Zeile hat genau sechzehn Silben. Das Buch beginnt mit der Thronbesteigung der arabischen Prinzessin Tinatin. Nach dem üppigen Fest gehen der alte König, der seiner eigenen Tochter den Thron freiwillig abgetreten hat, und sein Feldherr Awtandil, der die junge Königin liebt, mit einer grossen Gefolgschaft Wild jagen. Dort sehen sie einen fremden Ritter im Pantherfell, der in tiefe Trauer versunken ist. Das ist Tariel. Er meidet jeglichen Kontakt mit dem König und dessen Gefolgschaft; nach deren Übergriff und dem blutigen Zwischenfall, bei welchem einige Diener ihr Leben lassen, verschwindet er. Der alte König wird vom Wunsch ergriffen herauszufinden, wer der fremde Ritter war, ein Mensch oder ein böser Geist. Awtandil wird von seiner Dame, der Königin Tinatin gesandt, um den fremden Ritter im Pantherfell zu suchen. Nach langem Abenteuer findet er ihn in einer Höhle, wo er wohnt. Tariel, ein indischer Prinz, erzählt Awtandil von seiner Liebesgeschichte, vom Verlust seiner Dame, der indischen Königstochter Nestan Daredschan und schliesslich des indischen Thrones. Der durch diese Tragödie schwer betroffene Awtandii verlässt vorerst Tariel und beginnt die verlorene Nestan Daredschan zu suchen. Seine Bemühungen sind nicht vergeblich: es stellt sich heraus, dass sie sich in der Gefangenschaft der menschenähnlichen bösen Wesen, der so genannten Kadschen befindet. Am Ende unternehmen die Freunde - zu ihnen gesellt sich der Inselkönig Pridon, ein alter Freund Tariels, mit seinem Heer - einen erfolgreichen Feldzug gegen die Burg der Kadschen und es gelingt ihnen, die gefangene Königstochter zu befreien. Am Ende des Buches heiraten beide Freunde - sowohl Tariel als auch Awtandil - ihre geliebten Damen und besteigen die Throne Indiens und Arabiens. (F.W.)
Der Recke im Tigerfell - Rostewan, König der Araber, und Awtandil begegnen Tariel, dem Recken im Tigerfell.
Schatulle, 2016, 28,0 x 21,8 x 22,4 cm

Aus der Begegnung mit diesem Werk entstand die Idee für eine Schatulle mit fünf Szenen. Ich führte diesen Auftrag mit viel Begeisterung aus.
Der Recke im Tigerfell - Tinatin sendet Awtandil aus, Tariel zu suchen. Tariel und Asmat in der Höhle.
Schatulle, 2016, 28,0 x 21,8 x 22,4 cm

Rustawelis Werk aus dem 12. Jahrhundert ist in hohem Masse poetisch und musikalisch. Ich wollte die Gefühle der Helden zum Ausdruck bringen, die Schönheit dieser Welt, die Schönheit dieser Natur. Was fühlte ich beim Malen dieses Themas? Liebe! Ja natürlich – Liebe! Liebe zu Gott, zum Vaterland und zu meiner Arbeit.
Der Recke im Tigerfell - Nestan Daredschan wird von den Kadschi in einer Arche entführt. Tariels Verzweiflung in der Einöde.
Schatulle, 2016, 28,0 x 21,8 x 22,4 cm

Die Handlung des Werkes spielt im Orient, in märchenhaften Ländern. Orientalische Bilder haben ihren eigenen Stil und ihr eigenes Kolorit. Ich wollte diese Traumwelt in meine Arbeit einzubringen.

Ich liess mich von persischen Malereien inspirieren. Bei der Suche nach Ideen zur ornamentalen Gestaltung meiner Arbeit stiess ich auf das Buch Miniatures, illustrations of Alischer Navoi's works. Ein wunderbares Album mit einer Vielzahl von Miniaturen und Ornamenten! Es vermittelt auf eindrückliche Art den Geist des Ostens, dessen Kolorit und Musikalität.
Der Recke im Tigerfell - Tariels und Neschdan Daredschans Hochzeit bei Pridon.
Schatulle, 2016, 28,0 x 21,8 x 22,4 cm

Der Recke im Tigerfell - Reise Tariels, Awtandils, Pridons und Neschdan Daredschans nach Arabien zu König Rostewan.
Schatulle, 2016, 28,0 x 21,8 x 22,4 cm