Das Leben im Gouvernement
in den Farben Palechs
Im Jahr 2018 fand zum Anlass 100 JAHRE GOUVERNEMENT IVANOVO-VOZNESENSKIJ die Ausstellung

Das Leben im Gouvernement in den Farben Palechs

statt. Zu dieser Ausstellung publizierte das Departement für Kultur und Tourismus der Oblast Ivanovo gemeinsam mit dem Staatlichen Museum für Palecher Kunst einen Katalog unter demselben Titel.
Žiznʼ gubernii v kraskach Palecha (Das Leben im Gouvernement in den Farben Palechs) Katalog der Ausstellung 100 JAHRE GOUVERNEMENT IVANOVO-VOZNESENSKIJ; N.A. Gagaeva, O.A. Kolesova, M.V. Ročšina (Hrsg.); O.A. Kolesova (Text), A. Kurkin (Fotografie); Palech 2018.
Der reich illustrierte Katalog erzählt in verschiedenen Kapiteln über die Vergangenheit der Region Ivanovo, über die Revolution und ein neues Leben mit einer neuen Kunst, über die Textilindustrie und über die Bedeutung der Region für die Kultur, für die Wissenschaft und das Militärwesen. Im Zentrum steht der Mensch, seine Fantasie, seine Kreation einer neuen, märchenhaften Bildsprache. Diese ermöglichte den Palechern Vergangenheit und Gegenwart zu verbinden und weist ihnen einen Weg in die Zukunft.

Die Texte verfasste O.A. Kolesova.
Aus dem Russischen übertragen von Elena Buljukina und Dr. Felix Waechter.
Kapitel 1
Die Region Ivanovo in der Vergangenheit
Palechs Charme – eine einzigartige Erscheinung – einzigartig, weil sie niemals zurückkehren wird, weil sich die ihr zugrundeliegende Lebensauffassung nie wiederholen wird. Die Kräfte des Volkslebens werden sich in beispielloser Weise entwickeln. Die menschliche Fantasie wird nach neuen Formen suchen, nach bezaubernden Farben und Märchen, die auf die Verwirklichung der Zukunft gerichtet sind. Aber mit jeder neuen Etappe wird sich die Vergangenheit offenbaren - sowohl aus einer neuen Perspektive als auch mit neuen Inhalten. Die Vergangenheit ist immer auch Teil der Zukunft.
Nikolaj Zarudin Spuren auf der Erde.

Die Ausstellung Das Leben im Gouvernement in den Farben Palechs ist eine Betrachtung über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft unserer Region.

In sowjetischer Zeit wurde Ivanovo zur Heimat des ersten Rates. Revolutionär gesinnte lokale Weber schufen für das ganze riesige Land den Archetypus eines neuen Staatswesens. Ende des XIX. Jahrhunderts wurde Ivanovo-Voznesensk (seit 1932 Ivanovo) zum führenden Textilzentrum des Russischen Reiches. In seinem Artikel Das Dorf Ivanovo, der 1864 in der Zeitschrift Heimatliche Notizen veröffentlicht wurde, schreibt der Akademiker V. P. Bezobrazov zum Beispiel: «Alle Nachbarn schauen verbittert und neidisch und gierig auf diese prosperierende Region, auf ihren angelsächsischen Mut, ihren Luxus und ihre Lebensfreude...». Im Jahre 1874 schlossen sich das Dorf Ivanovo und die Voskresensker Vorstadt zu einer sich schnell entwickelnden Stadt zusammen, die dank ihrer grossen wirtschaftlichen Kraft die am stärksten entwickelten Industriegebiete der Gouvernemente Wladimir und Kostroma verknüpfte. In Ivanovo-Voskresensk waren die revolutionären Organisationen sehr aktiv. Sie mobilisierten grosse Massen von Arbeitern für die Streikbewegung. Dazu trugen sowohl die harten Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie, als auch die kompetente Propagandaarbeit der professionellen Revolutionäre bei.

Hier wurden die ersten Arbeiterräte gegründet. Diese übernahmen die Macht in der Stadt, die sie, in Analogie zur Pariser Kommune, für 72 Tage, vom 12. Mai bis zum 23. Juli 1905, hielten. Der erste schwere Schlag gegen die Macht der Arbeiter in der Stadt erfolgte am 3. Juni, als Teilnehmer einer Kundgebung an der Talka erschossen wurden. Einer der ersten Palecher Künstler, der diese tragischen Ereignisse darstellte, war I.I. Zubkov mit seiner Miniatur Massenversammlung an der Talka (1935).
Zubkov Ivan Ivanovič (1883-1938)
Massenversammlung an der Talka.
Dose. 1935
26,8 x 20 x 4,8 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-80 SI 67 L)
Ivan Zubkov schuf ein wunderbar schönes Landschaftsbild. Im Vordergrund zeigt sich dem Betrachter ein idyllisches Bild des irdischen Daseins: Mensch und Natur im Einklang. Die Landschaftselemente und die menschlichen Figuren im Vordergrund sind farblich ähnlich gestaltet. In einen völlig anderen Raum sind hinten die dunklen Silhouetten von Fabrikgebäuden abgebildet: Sie wirken in der feinen, sanften und malerischen Landschaft absolut fremd. Aus dieser dunklen Welt nähert sich eine berittene Abteilung von Gendarmen, die den Eindruck einer tödlichen Gefahr erweckt. Die farblichen und räumlichen Kontraste verleihen der künstlerischen Absicht des Palecher Meisters eine inhärente Dynamik, das emotionale Vorgefühl einer herannahenden Tragödie.
In seiner Jugendzeit begeisterte sich Ivan Ivanovič für revolutionäre Ideen und war Teilnehmer illegaler Versammlungen. Deshalb die Überzeugungskraft, die Wahrhaftigkeit seiner kompositorischen Lösungen, dies trotz der konventionellen Bildsprache der Palecher Lackminiatur. In der Folge wandten sich die Palecher mehrfach den Ereignissen an der Talka zu. Aber in den Werken der Künstler der nachfolgenden Generationen gibt es nicht mehr dieses unglaubliche Gefühl des «Historismus», der direkten Verbundenheit mit den dargestellten Ereignissen. In den Palecher Werken der fünfziger und sechziger Jahre dominiert eine pathetische Stimmung, die Präferenz gilt den individuellen psychologischen Eigenschaften der Figuren. Gespannt erklingen die Farben, kompositorische Rhythmen wiederholen sich, wie z.B. in den Miniaturen Die Universität an der Talka (1967) und Talka (1967) von K.S. Bokarev.
Bokarev Konstantin Sergeevič (1928-2007)
Universität an an der Talka.
Dose. 1967
26 x 19,2 x 5,8 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IOChM KP-4170 L-175)
Bokarev Konstantin Sergeevič (1928-2007)
Talka.
Teller. 1967
D 16,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IOChM KP-4180 L-185)
Die rote Fahne ist ein unverzichtbares Attribut solcher Kompositionen. Aus der Sicht seiner Zeit betrachtet N. P. Lopatin, Vertreter der nächsten Generation der Palecher Meister, dieses historische Ereignis anders.
Lopatin Nikolaj Pavlovič (1947-2016)
Treffen an der Talka.
Dose. 1975
27 x 20,5 x 5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IGIKM im. D.G. Burylina IOKM KP-70487)
Die Darstellung auf seiner Dose Kundgebung an der Talka (1975) ist frei von revolutionärem Pathos. Die frühjährliche Maifeier assoziiert der Künstler mit leuchtendem, frischem Grün, im Hintergrund klingen in Dissonanz dazu die dunklen Silhouetten der Figuren.

Der revolutionären Bewegung der roten Weber widmete V.M. Chodov sein Werk Zeit der roten Morgendämmerungen (1981).
Chodov Valentin Michajlovič (1942-1988)
Zeit der roten Morgendämmerungen.
Schatulle. 1981
22,5 x 21,8 x 8,3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4749 CI 2174 L)
Chodov Valentin Michajlovič (1942-1988)
Zeit der roten Morgendämmerungen - Sitzung des Ivanovsker Rats.
Schatulle. 1981
22,5 x 21,8 x 8,3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4749 CI 2174 L)
Chodov Valentin Michajlovič (1942-1988)
Zeit der roten Morgendämmerungen - Geheimdruckerei.
Schatulle. 1981
22,5 x 21,8 x 8,3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4749 CI 2174 L)
Chodov Valentin Michajlovič (1942-1988)
Zeit der roten Morgendämmerungen - Frauenkundgebung.
Schatulle. 1981
22,5 x 21,8 x 8,3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4749 CI 2174 L)
Chodov Valentin Michajlovič (1942-1988)
Zeit der roten Morgendämmerungen - Illegale Kundgebung zur Maifeier.
Schatulle. 1981
22,5 x 21,8 x 8,3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4749 CI 2174 L)
Die rote Farbe als Hintergrund wurde vom Künstler mit Absicht gewählt. Auf dem Deckel der Schatulle werden die Ereignisse an der Talka dargestellt, an den Seitenwänden die illegale Kundgebung zur Maifeier, eine Sitzung des Ivanovsker Rats, die geheime Druckerei und eine Frauenkundgebung. Frauen nahmen aktiv an der Streikbewegung der Weber von Ivanovo-Voznesensk teil, da die Frauenarbeit eine wichtige Rolle in der Textilproduktion spielte. In den Kompositionen von Chodov kommt der architektonischen Landschaft ein bedeutender Platz zu, der Künstler präsentiert diese als eigenständiges dekoratives Bild. Die Darstellungen der Fabrikgebäude zeigen, dass der Künstler die realen Industriebauten in Ivanovo, Kochma und seiner Heimatstadt Juža sehr gut kannte.

Die Palecher Kunst braucht keine großen Bildflächen zur Darstellung umfangreicher Themen und bedeutsamer Bilder. Andererseits schufen die Palecher A. D. Kočupalov, A. S. Peskov und G. N. Kočetov im Jahre 1974 einen Fries für das Foyer im ersten Obergeschoss des Textilarbeiterpalasts, der 18 m lang und 1,6 m hoch war. Das Thema des Frieses war Ivanovo - Heimat des ersten Sowjets und textiles Zentrum des Landes.
Kočetov Gennadij Nikolaevič (1941-2009)
Kočupalov Aleksej Dmitrievič (1940-2010)
Peskov Anatolij Sergeevič (1939-1994)
Ivanovo - Heimat des ersten Sowjets.
3 Panneaus. 1974
24 x 90 cm, Papiermaché, Eitempera, Lack
(GMPI KP-3819 CI 2022 L, GMPI KP-3817 CI 2023 L, GMPI KP-3818 CI 2024 L)
Die dreiteilige Komposition, ausgeführt von drei Künstlern, gibt die wichtigen Meilensteine der Geschichte von Ivanovo wieder. Der linke Teil des Frieses ist den revolutionären Ereignissen gewidmet: dem Auftreten des ersten Rates in Ivanovo-Voznesensk, dem Massenstreik der Arbeiter im Jahr 1905 und dem Übergang der Ereignisse von 1905 zur Revolution von 1917 (Autor Gennadij Kočetov). Die Bewegung der Komposition ist vom linken Rand zum Zentrum gerichtet. Die Arbeiter versammeln sich um den Redner – den Revolutionär Afanasij aus Ivanovo. Links ruft der Bursche die jungen Leute auf, sich den Arbeitern anzuschließen. Im Zentrum des Panneaus sehen wir die industrielle Entwicklung von Ivanovo, die Verbundenheit von Stadt und Dorf sowie die Freundschaft der Textilarbeiter aus Ivanovo mit den usbekischen Baumwollanbauern (Autor: Aleksej Kočupalov). Im rechten Teil des Frieses sind die Arbeiter aus Ivanovo an den Fronten des Bürgerkrieges und des Großen Vaterländischen Krieges dargestellt (Autor: Anatolij Peskov). Vor dem Hintergrund einer gewaltigen Lawine roter Reiter stehen in voller Grösse die legendären Helden des Bürgerkriegs: Michail Frunse, Wassilij Čapaev und der Kommissar der Schützendivision Čapaevs, Dmitrij Furmanov. Das Sujet basiert auf den Worten Dmitrij Furmanovs über die Weber aus Ivanovo-Voznesensk: Man konnte Sie fast überall treffen: an der chinesischen Grenze, in der sibirischen Taiga, in den Orenburger Steppen, an den polnischen Grenzen, am Sivaš bei Prerekop1). Gibt es Orte, wo sie nicht gewesen sind, die roten Weber, wo sie nicht ihr Blut auf dem Schlachtfeld vergossen haben?
1) Sivaš - ein System flacher Buchten im Asowschen Meer, trennt die Krim vom Festland. Schwierig zu überwindendes Hindernis für Invasoren der Krim. 1920 gelang es der Roten Armee im Russischen Bürgerkrieg, über den Korridor von Čongar auf die Krim vorzudringen.
Die Bewegung der roten Weber wurde von vielen hervorragenden Personen angeführt, die später an der Spitze des jungen Sowjetstaates standen. Einer von ihnen war Michail Vasil'evič Frunze, ein begabter Heerführer und Staatsbeamter. Er spielte die führende Rolle in der Organisation des neuen Gouvernements und machte innerhalb weniger Monate aus der städtischen Ansiedlung Ivanovo-Voznesensk ein Gebietszentrum mit fortschrittlicher Industrie, Wissenschaft und Bildung. Unter den Palecher Lackminiaturen gibt es einige bemerkenswerte Arbeiten, die den Aktivitäten von M.V. Frunze in unserer Region gewidmet sind. Zu diesen zählt eine Schatulle von A. M. Kurkin. An der Ausstellung waren fünf grafische Entwürfe für die Seitenwände und den Deckel dieser Arbeit zu sehen.
Kurkin Aleksandr Michajlovič (1916-2003)
Frunze.
5 Entwürfe für eine Schatulle. 1981
22,5 x 21,8 x 8,3 cm, Papier und Farbstifte
(Im Besitz der Familie des Künstlers)
Eine der Episoden aus der Biographie von Frunze – seine Verlegung aus dem Gefängnis von Šuja nach Vladimir – ist auf einer Dose von A.V. Borunov (1955) dargestellt.
Borunov Aleksandr Vasilʼevič (1920-1994)
Die Verlegung von M.V. Frunze aus dem Gefängnis von Šuja nach Vladimir.
Dose. 1955
27 x 20 x 9 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IGIKM im. D.G. Burylina IOKM KP-64760)
Kukuliev Boris Nikolaevič (geb. 1936)
M.V. Frunze.
Dose. 1974
26,5 x 20 x 5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IOChM KP-5746 L-312)
Auf der von Boris Kukuliev gemalten Schatulle M.V.Frunze, ist der erfolgreiche Heerführer abgebildet. Die rote Silhouette von Frunze nimmt den zentralen Teil der Komposition ein und dominiert die anderen Darstellungen. Die Personifizierung des Protagonisten lässt keinen Zweifel offen: Die Charakterisierung ist präzise und überzeugend. Der mehrstufige Aufbau der Komposition korrespondiert mit dem Hochformat der Schatulle. In der Ikonenmalerei kamen ähnliche kompositorische Schemata bei symbolischen Bildern, die kirchliche Hymnen visualisieren, zu Anwendung. Eine der Nebenszenen (links oben, Anm. FW) zeigt die Aktivität eines jungen Revolutionärs in der Stadt der roten Weber.
Die Palecher malten auch Porträts von M.V. Frunze. In der Palecher Lackkunst existiert das Porträt als eigenständiges Genre, dessen Begründer ehemalige Ikonenmaler waren. Aus der Ikonenmalerei wurde die Reihenfolge der sich überlagernden farbigen Schichten überliefert - zuunterst ein dunkelbrauner Grundton als gleichmässige Schicht (russisch Sankir'), dann Aufhellungen und Schatten, Schmelztechniken (russisch Plav'), die den Übergang von Licht zu Schatten mildern und schliesslich Verfeinerungen, die das dargestellte Antlitz lebendig machen. Anna S. Krivcova setzte die Entwicklung der Tradition der Porträtmalerei fort. In der Sammlung D.G. Burynils befinden sich mehr als 10 Arbeiten von Palecher Künstlern, unter ihnen befinden sich Portraits von F.A. Afanas'ev, O.A Varencova und M.V. Frunze.
Chodov Valentin Michajlovič (1942-1988)
Rote Kopftücher.
Dose. 1977
20 x 36 x 5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4414 CI 2030 L)
Valentin Chodov schuf zwei Versionen des Werkes Rote Kopftücher, die der Teilnahme von Frauen an den revolutionären Ereignissen von 1905 gewidmet sind. Eine Schatulle (1976) befindet sich im Allrussischen Museum für Dekorative und Angewandte Volkskunst, die andere (1977) in der Sammlung des Staatlichen Museums für Palecher Kunst. Im ersten Werk legt der Künstler den Schwerpunkt auf weisse Flugblätter, die wie ein Vogelschwarm in der Luft kreisen. Die zweite zeichnet sich durch den ausgeprägten Rhythmus der roten Kopftücher aus, was die symbolische Komponente des Kunstwerks verstärkt. Um die bildliche Überzeugungskraft zu erhöhen, spielt der Künstler ein bisschen mit der historischen Wahrheit – die roten Kopftücher erschienen erst später in der Sowjetzeit. Aber der Künstler macht dieses Detail zum Leitmotiv der Komposition, zur farblichen Dominanz, um die assoziative Beziehung der dargestellten Ereignisse mit der zukünftigen Revolution zu betonen.
Krivcova Anna Semenovna (1925-2010)
Portrait M.V. Frunze.
Panneau. 1979
29,1 x 21 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IGIKM im. D.G. Burylina IGOIRM KP-78055)
Krivcova Anna Semenovna (1925-2010)
Portrait O.A. Varencova.
Panneau. 1979
29 x 21 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IGIKM im. D.G. Burylina IGOIRM KP-77591)
Während in Ivanovo-Voznesenks ein turbulentes Leben sprudelte und revolutionäre Ideen an die Oberfläche spülte, gab es ganz in der Nähe von Luch Orte wie Ples oder Timirjazevo. Diese waren erfüllt von Stille und Zufriedenheit, die Menschen sehnten sich nach Harmonie und Frieden mit ihrer Umwelt.

Vielgesichtig präsentierte sich Šuja, die nächstgelegene Stadt zu Palech. Sie war berühmt für ihre Tradition der Seifensiederei, für fröhliche Harmonikas und natürlich auch für ihre Webereikunst. Noch heute befindet sich in Šuja einer der höchsten Glockentürme, und einst befand sich in der Stadt ein lokales Heiligtum - die wundertätige Muttergottes Ikone Šujsko-Smolenskaja. Die Palecher haben eine stattliche Anzahl von Kopien dieser Ikone gemalt. Im Jahr 2009 versuchte Ekaterina Smirnova, Absolventin der Palecher Kunstschule, dieses Šuja in ihrer Abschlussarbeit zu zeigen.
Smirnova Ekaterina Viktorovna (geb. 1990)
Das alte Šuja.
Dose. 1990
28 x 21 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(Diplomnyj proekt. PChU im. M. Gorʼkogo)
In der Komposition auf der Dose versucht die Künstlerin, das architektonische Erscheinungsbild des alten Šuja wieder aufleben zu lassen. Viele dieser Gebäude sind verschwunden, aber andere prägen noch heute das Gesicht der ursprünglichen Provinzstadt. Wie Ivanovo-Voznesensk, wurde Šuja von den aufrührerischen revolutionären Ideen der Bewegung der roten Weber erfasst. Das patriarchale Palech und seine Umgebung lebten ihren gewöhnlichen Alltag. Die vielleicht einprägsamsten Ereignisse für die Palecher waren die häufigen Brände. Ein solcher ist auf der Dose Feuer im Dorf von I.I. Zubkov dargestellt (1934).
Zubkov Ivan Ivanovič (1883-1938)
Feuer im Dorf.
Dose. 1934
26,7 x 20,8 x 4,7 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-228 SI 205 L)
Die Kindheitserinnerungen an den Brand im Heimatdorf Derjagino waren derart intensiv, dass der Künstler immer wieder auf dieses Thema zurückkam: Später, als ich ein Bild betrachtete, auf dem ein Brand dargestellt war, schien es mir, dass der Künstler, der dieses Bild gemalt hatte, nie einen Brand gesehen hatte. (Efim Vichrev Die Palecher, Moskauer Schriftstellergesellschaft, Moskau 1934, Seite 179)
Beschriftung der Schatulle: Eine Kindheitserinnerung. Der Brand in meinem Dorf im Jahr 1890. Dorf Palech, 1934, Zubkov I.I. Auf der Innenseite des Deckels: EfimVichrev, dem aufrichtigen Freund und Fürsprecher der Palecher Kunst zur guten Erinnerung an I.I. Zubkov, Mitglied der Genossenschaft für alte Malerei, 1934.
Das Ikonenmalgewerbe erlebte einen Niedergang. Auf der Suche nach Arbeit reisten die Palecher Ikonenmaler auch in weitentfernte Städte – häufig an die Wolga: nach Samara und Nižnij Nowgorod. Ein erheblicher Teil der männlichen Bevölkerung war in der Kirchenmalerei tätig. Die Künstler malten in Moskau, im Norden und in den südrussischen Provinzen. Das traditionelle Ritual der Verabschiedung der Ikonenmaler ist auf der Dose Verabschiedung der Palecher Ikonenmaler bei der Abreise von P.L. Parilov dargestellt (1932).
Parilov Pavel Lʼvovič (1880-1956)
Verabschiedung der Palecher Ikonenemaler bei der Abreise.
Dose. 1932
9 x 17 x 5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-355 SI 277 L)
Auf der Miniatur ist eine historische Szene aus dem Leben des alten Palech dargestellt. Der Künstler stellte eine für die Palecher unvergessliche Kiefer dar, die sich auf halbem Weg zwischen Palech und dem Dorf Krasnoe befand. Das war der traditionelle Ort, an dem sich die Künstler von ihren Freunden und Familien verabschiedeten. Rechts, hinter einem Roggenstreifen, ist die örtliche Kreuzerhöhungskirche sehen.
Butorina Valentina Alekseevna (1940-1997)
Heilige Quellen.
Dose. 1996
16,5 x 23 x 3,8 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(Im Besitz der Familie der Künstlerin)
Auf der Miniatur ist eine historische Szene aus dem Leben des alten Palech dargestellt. Der Künstler stellte eine für die Palecher unvergessliche Kiefer dar, die sich auf halbem Weg zwischen Palech und dem Dorf Krasnoe befand. Das war der traditionelle Ort, an dem sich die Künstler von ihren Freunden und Familien verabschiedeten. Rechts, hinter einem Roggenstreifen, ist die örtliche Kreuzerhöhungskirche sehen.
Mamina (Butorina) Margarita Stanislavovna (geb. 1966)
Levitan in Ples.
Panneau. 1999
23 x 33 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(Im Besitz der Künstlerin)
Die Künstler Isaak Il'ič Levitan und Sofia Petrovna Kuvšinnikova mochten besonders die alte Wolgastadt Ples. Ich habe die Natur noch nie so sehr geliebt, schrieb Levitan an Čechov, ich habe dieses göttliche Etwas noch nie so stark gefühlt, in dem alles versinkt ... Dieses Etwas kann man nicht mit Vernunft oder einer Analyse begreifen, sondern nur durch Liebe spüren... Vielleicht gelang es den Palecher Künstlern besser als anderen, dieses göttliche Etwas mit ihren Miniaturen zu vermitteln. Ein Gefühl der Stille, der Ruhe, der mit Liebe erfüllten Welt, ist in Margarita Maminas Miniatur Levitan in Ples präsent.
In den Grossstädten begeisterten sich einige von ihnen für revolutionäre Ideen, sie brachten auch illegale Literatur nach Palech, und hängten Flugblätter aus. Das Handwerk der Alten schien vielen Palecher Einwohnern veraltet und die Begabtesten von ihnen waren auf der Suche nach neuen künstlerischen Horizonten. P.D. Korin studierte in Moskau und wurde später ein berühmter Künstler. M.S. Klimanov studierte an der Kunstakademie in St. Petersburg. Auf seinen letzten Miniaturkompositionen ist Palech friedlich, patriarchalisch aber gleichzeitig auch traurig dargestellt.
Klimanov Michail Sergeevič (1850-1909)
In der Ikonenmalwerkstatt.
Anfang 20. Jahrhundert
29,8 x 23,4 cm, Öl auf Leinwand
(GMPI KP-348 SI 58 Ž)
Klimanov Michail Sergeevič (1850-1909)
Dorfrand.
Anfang 20. Jahrhundert
12,5 x 21,9 cm, Öl auf Leinwand
(GMPI KP-345 SI 55 Ž)
Kapitel 2
Die Blütenstände der Ivans – Ein neues Leben mit einer neuen Kunst
Die Revolution, die Palech erneuerte und politisch Ivanovo zuordnete, verspürte offensichtlich den Wunsch, diese neue Ordnung mit einem erstaunlichen Zusammenfallen von Namen zu hervorzuheben: das auferstandene Palech war nichts anderes als ein kleines Häufchen von Ivans und Ivanovičs.
Efim Vichrev Palech.

Der Wind der Revolution brach in das beschauliche patriarchalische Alltagsleben Palechs ein und veränderte die Situation des Ikonenmalgewerbes. Um unter den neuen Gegebenheiten zu überleben, übernahmen die Palecher jede Arbeit, die keine speziellen beruflichen Qualifikationen erforderte. Nur Wenigen gelang es, künstlerische Aufträge zu erhalten. Aber während sie Bastschuhe flochten oder Landwirtschaft betrieben, träumten die ehemaligen Ikonenmaler, ihre schöpferische Natur und ihre künstlerische Begabung eines Tages wieder zeigen zu können.

Ivan Golikov war der erste, der Versuche mit Miniaturkompositionen auf Gegenständen aus Papiermaché durchführte und andere Künstler an diesen Experimenten beteiligte. Neben ihm standen am Anfang dieser neuen Kunst Ivan Bakanov, Ivan Markičev, Ivan Zubkov, Ivan Vakurov und die Brüder Kotukhin.
Chodov Valentin Michajlovič (1942-1988)
Die sieben Farben des Regenbogens.
Panneau. 1974
60 x 30 x 1,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4703 SI 2152 L)
Sieben Regenbogenfarben – sieben Gründer der Genossenschaft für Alte Malerei. Sie alle sind auf dem Panneau des Künstlers abgebildet.
Im Gegenteil, die Techniken der Ikonenmalerei dienten den Palechern als Basis für ihre schöpferische Suche. Die Begründer der Palecher Lackminiatur wurden zu direkt Beteiligten und Zeugen eines neuen Lebens. Sie versuchten, das Gefühl des Neuen nicht nur durch Formen poetischer Allegorie, durch festliche Farben, durch eine fröhliche Ordnung der Märchenbilder auszudrücken, sondern auch durch zeitnahe Sujets, denen man von Beginn an eine grosse Bedeutung beimass (Nekrasova M.A. Palechskaja miniatjura. - L. Chudožnik RSFSR, 1983, S. 219). Als Ergebnis empfahlen die Palecher ihre einzigartige Methode für ein künstlerisches Erkennen einer – historisch oder zeitgenössisch – objektiven Realität, diese beinhaltete sowohl bekannte ikonographische Formen als auch den emotionalen Subjektivismus des Autors und trugen dazu bei, dass diese Formen nicht zu toten Mustern verkamen. Die Hauptfigur der neuen Palecher Kunst ist Der Rote Pflüger, eine Schöpfung Ivan Golikovs.
Golikov Ivan Ivanovič (1886-1937)
Pflüger.
Puderdose. 1924
D 5,4, H 4 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2114 SI 1052 L)
Kotuchin Aleksandr Vasilʼevič (1886-1961)
Pflüger.
Brosche. 1925
3,2, 5,7 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2107 SI 1061 L)
Das Thema der bäuerlichen Arbeit, die Harmonie zwischen den Menschen und der Natur, ist eines der Hauptthemen in der Palecher Kunst. Die harte Arbeit der Frauen bei der Ernte verwandelt der Palecher Künstler I.V. Markičev in eine vergeistigte, symbolische Handlung.
Markičev Ivan Vasilʼevič (1883-1955)
Ernte.
Teller. 1933
D 15,9, H 3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-260 SI 213 L)
Die Fruchtbarkeit des Landes symbolisierend, steht der goldene Roggen wie eine dichte Mauer. Die drei, durch eine wellenartige Bewegung verbundenen Frauenfiguren repräsentieren das Ideal der Weisheit, Schönheit und Anmut einer russischen Bäuerin. Es ist die ewige, zeitlose Schönheit der Frau und der Mutter Erde. Gleichzeitig gibt es von Markičev verschiedene Werke, wie z.B. Auf den Feldern der Kolchose (1942), die die aktuellen, sehr spezifischen Realitäten des alltäglichen Lebens im Kolchos thematisieren.
Markičev Ivan Vasilʼevič (1883-1955)
Auf den Feldern der Kolchose.
Dose. 1942
19,8 x 27 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2347 SI 1340 L)
Die Meister, die in der ganzen Welt berühmt wurden, waren mit dem Alltag im Kolchos gut vertraut. Neben ihrer künstlerischen Haupttätigkeit arbeiteten sie zur Zeit der Heumahd oder Ernte für eine bestimmte Anzahl von Tagen im örtlichen Kolchos Rotes Palech. Die Genossenschaft der Künstler kaufte den ersten Traktor für die Kolchosbauern. Das in der Palecher Kunst sehr beliebte Sujet war also nicht einem Propagandabild entnommen.
Dydykin Aristarch Aleksandrovič (1874-1954)
Kunstwerkstatt. Landwirtschaftliche Arbeiten.
Zeichnung. 1933
18 x 12,5 cm, Papier, Russ/Kohle
(GMPI KP-2199/168 SI 168ChA)
Zubkov Ivan Ivanovič (1883-1938)
Bündnis zwischen Stadt und Land.
Tinteneroller. 1931
6,7 x 17,2 x 8,2 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-214 SI 185 L)
Eines Tages, als ich nach der Arbeit ins Dorf kam, schreibt I.I. Zubkov in seinen Notizen, sah ich den Traktor, der nun zum Palecher Kolchos gehörte. Neben diesem Traktor versammelte sich eine Gruppe von Menschen... Die ganze Gruppe stand im Sonnenlicht, und mir schien, es handle sich um eine in unserem Stil bemalte und mit Gold dekorierte Leinwand. Dem Gold kommt in unserer Kunst eine besondere Schönheit und Leuchtkraft zu. Ich bewunderte dieses Bild, machte ich mir im Kopf einen Entwurf, und als ich nach Hause kam, brachte ich diesen zu Papier (Vichrev E.F. Palešane, 1934). In ihren Kompositionen gingen die Palecher Künstler immer von ihren eigenen Lebensbeobachtungen aus.

Mit der neuen postrevolutionären Realität verstärkte sich die Verbundenheit zwischen Stadt und Dorf, zwischen Palech und den nahegelegenen Industriestädten. In der Kunst der Palecher wurde die Thematik der Verbundenheit von Stadt und Dorf aktuell. Stellten die Meister der Lackminiatur einen Arbeiter oder einen Bauer dar, oder das neue Leben der Stadt und des Dorfs, so verwendeten sie oft die stilistischen Prinzipien des sowjetischen Agitationsplakats. Lebendig und natürlich, mit einem Aspekt von Primitivismus und Naivität, aber nicht weniger überzeugend, erschlossen I.I. Zubkov und I.M. Bakanov dieses Thema.
Bakanov Ivan Michajlovič (1870-1936)
Zusammenschluss.
Dose. 1924
9,5 x 14,5 x 4,7 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IGIKM im. D.G. Burylina IOKM KP-855)
Die Palecher Künstler erzählten in der herkömmlichen Sprache ihrer Kunst über Alltäglichkeiten, über die Neuigkeiten im Alltagsleben – wie lärmig die Versammlungen im Palecher Volkshaus sind, wie einheimische Schauspieler auf der Bühne auftreten, wie die Palecher in ihren Häusern Radio hören, wie ein Flugzeug über Palech flog.
Kaurcev Fedor Aleksandrovič (1896-1963)
Auf der Bühne des Kolchostheaters.
Dose. 1935
11,3 x 18,1 x 4,6 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-518 SI 432 L)
Kaurcev Fedor Aleksandrovič (1896-1963)
Dorfradio.
Dose. 1932
16,8 x 21 x 4,3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-200 SI 178 L)
Kaurcev Fedor Aleksandrovič (1896-1963)
Schaut, ein Flugzeug!
Dose. 1931
17,1 x 20,7 x 4,2 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-209 SI 183 L)
Turin Dmitrij Michajlovič (1899-1945)
Schaut, ein Flugzeug!
Dose. 1932
D 6, H 2,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4555 SI 2057 L)
Oft kombinierten die Künstler diese Ereignisse in einer Komposition und stellten sie Szenen aus dem vorrevolutionären Palech gegenüber. Früher und heute, oder Neues und Altes Palech sind die populären Themen der Palecher Kunst im ersten Jahrzehnt seit ihrer Gründung.
Dydykin Aristarch Aleksandrovič (1874-1954)
Das alte und das Neue Palech.
Zeichnung. 1933
18 x 26,1 cm, Papier, Russ/Kohle
(GMPI KP-2199/168 SI 168ChK)
Auf Initiative E. F. Vichrevs schrieben die Begründer der neuen Palecher Kunst Essays über ihr Leben und Werk und zeigten dabei ihr erzählerisches Talent. Die Art der Darstellung in ihren Erzählungen ist so farbenfreudig und emotional wie die Sprache ihrer Bildkompositionen. Die insgesamt neunzehn Verfasser der Erzählungen dekorierten ihre eigenen Texte raffiniert mit Ornamenten im Stil alter Handschriften. Der Einband und der Vorsatz des Buches Die Palecher, realisiert von I. M. Bakanov kann man neben die besten Beispiele der Buchgestaltung stellen.
Bakanov Ivan Michajlovič (1870-1936)
Zeichnung für einen Schutzumschlag (Vichrev E.F. Palešane). 1932
34,8 x 22,5 cm, Papier, Russ/Kohle, Zinnober
(GMPI KP-576 SI 651 L)
Zubkov Ivan Ivanovič (1883-1938)
Zeichnung für Titelvignette Feuer im Dorf, Abschluss, Initiale
(Vichrev E.F. Palešane). 1932
22 x 12,5 cm, Papier, Eitempera
(GMPI KP-237 SI 126 L)
Zinovʼev Nikolaj Michajlovič (1888-1979)
Zeichnung für Titelvignette, Abschluss, Initiale (Vichrev E.F. Palešane). 1932
16,5 x 22,7 cm, Papier, Eitempera
(GMPI KP-234 SI 174 L)
Kapitel 3
Ivanovo – Zentrum der Textilindustrie
Die Stadt des Kattuns, die Stadt der Nikitičs, die Stadt des intensiven Bauens und der grossen Wirtschaftspläne einerseits und das ländliche Dorf andererseits... Was verbindet sie? Was haben sie gemeinsam? Nur die gleiche Betonung des Vokals -o- in der Aussprache lässt auf eine weitläufige Verwandtschaft schliessen1). Eine erstaunliche Überlieferung erzählt, dass die ersten Muster für die ersten Kattune aus Ivanovo von den Palecher Ikonenmalern stammen.
Efim Vichrev Palech.
1) Angesprochen ist die in der Gegend heute selten gewordene konsequente Aussprache des geschriebenen Vokals -o- als -o- und nicht, wie normalerweise als kurzes -a- wenn immer die entsprechende Silbe nicht betont ist. Beispiel moloko (Milch). Die Betonung liegt auf der dritten Silbe, die gängige russische Aussprache ist "malako" und nicht, wie früher in der Gegend von Ivanovo verbreitet "moloko". (Anmerkung der Übersetzer.)

Die meisten Böden in der Region Ivanovo sind nicht fruchtbar, die Bauern können nie genug Brot anbauen. Aber der Flachs hat den Dorfbewohnern immer Freude bereitet. Die örtlichen Folkloretraditionen zeugen seit alten Zeiten von der besonderen Bedeutung des Flachses im Leben der Region Ivanovo. Deshalb handeln bei uns so viele Lieder vom Anbau und der Verarbeitung des Flachses. Die Palecher Künstler haben diesem Thema viele Werke gewidmet. Sie kennen sowohl die Lieder als auch alle Einzelheiten des Flachsanbaus – die Saat, die Quetsche, das Zupfen, das Spinnen, die Webkunst, d.h. die Verarbeitung von Flachs zu Leinwand. Die Darstellung des landwirtschaftlichen Zyklus beim Anbau von Flachs in Liedern ist I. M. Bakanov bestens vertraut. Die Miniatur Flachs auf einem Tablett im Auftrag von A. Bakušinskij war seine erste eigene Komposition. Also wählte ich dieses für mich erste Thema und brachte es zu Papier, aber nicht nach der Natur oder nach einer Vorlage, sondern nur aus meinem Kopf (Vichrev E.F. Palešane, 1934, Seite 113).
Bakanov Ivan Michajlovič (1870-1936)
Mein Flachs Zeichnung. 1923
Papier, Eitempera
Sowohl das Lied als auch die Flachsverarbeitung sind mir vertraut. Also wählte ich dieses für mich erste Thema und brachte es zu Papier, aber nicht nach der Natur oder nach einer Vorlage, sondern nur aus meinem Kopf. Ich wählte die Grösse und teilte die Fläche in fünf Teile auf. Einer in der Mitte – hier malte ich tanzende Mädchen und Kavaliere, einen Sämann und einen Pflüger. In den anderen vier Teilen malte ich wie man den Flachs zupft, spinnt und webt (Vichrev E.F. Palešane, 1934, Seite 113).
Für E. F. Vichrev waren die Miniaturen von Bakanov zum Thema des Liedes Mein Flachs aus den 1930er Jahren eine originelle Reportage über die Arbeitstätigkeit des Kolchos Rotes Palech. Die Inschrift "Wir säten den Flachs, säten ihn" auf einem Werk von Bakanov könnte man durch folgende Worte ersetzen: Der Kolchos "Rotes Palech" säte im Jahr 1930 120 Hektar. Die Kolchosbäuerinnen Rotes Palech säten Flachs. Wir brachen den Flachs, brachen ihn… diese Inschrift könnte durch eine andere ersetzt werden: Der Kolchos Rotes Paleсh baute eine Flachszupfmaschine… Das Lied fliegt aus Palech - über Felder und Dörfer - zu den Fabrikgebäuden in Ivanovo, zur Leinenmanufaktur in Kochma... Leinenstoffe werden in der richtigen Menge aus den Fabriken in Ivanovo an die Palecher Nähgenossenschaft versandt (Vichrev E.F. Palech, 1927-1932. Vtoraja kompozicija. - Chudožestvennaja literatura, M., 1938).
Bakanov Ivan Michajlovič (1870-1936)
Schon ist mein Flachs gewalkt. Dose. 1925
8 x 12,3 x 4,1 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2099 SI 1067 L)
Ausdrucksstark sind die Näherinnen, Spinnerinnen und Weberinnen auf den Miniaturen von I.P. Vakurov und I.I. Golikov. Ikonographische Formen, Konvention und Stilisierung einerseits sowie Merkmale einer neuen Wirklichkeit andererseits, schliessen sich in den Werken der Palecher Künstler keineswegs aus.
Vakurov Ivan Petrovič (1885-1968)
Näherinnen an der Arbeit. Dose. 1932
20,3 x 26,3 x 4,1 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-269 SI 222 L)
Vakurov Ivan Petrovič (1885-1968)
Spinnerin. Zigarettenetui. 1923
9 x 12 x 3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-23 SI 20 L)
Vakurov Ivan Petrovič (1885-1968)
Weberin. Teedose. 1926
6,8 x 9,1 x 5,7 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-22 SI 19 L)
Golikov Ivan Ivanovič (1886-1937)
Spinnerin. Dose. 1926
8,5 x 9,7 x 4,6 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2149 SI 1121 L)
Die Dose Näherinnen an der Arbeit von I. P. Vakurov ist in Bezug auf ihren Inhalt absolut zeitgemäss. Die lebensnahen Beobachtungen des Künstlers äussern sich in den lebhaften runden Gesichtern, in den detaillierten professionellen Posen und in den koketten Kopftüchern.

Eine interessante Entwicklung zeigt die Thematik um die Bedeutung des Flachses für den Wohlstand der Region Ivanovo in den Werken von Palecher Meistern der jüngeren Generationen. Auf der Miniatur Russischer Flachs von K.V. Kukulieva gleichen die feingliedrigen, zarten Mädchenfiguren in der Mitte der Komposition dünnen, biegsamen Flachsstengeln.Die gesamte Farbpalette der Miniatur suggeriert das Bild eines grenzenlosen, wogenden Meers aus dezenten, blauen Blumen.
Kukulieva Kalerija Vasilevna (geb. 1937)
Russischer Flachs. Dose. 1974
19,7 x 26 x 8 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4407 SI 2020 L)
In der Mitte, vor einem Hintergrund mit blühendem Flachs, sind fünf Mädchen zu sehen. Oben sind Mädchen, die goldene Flachsstengel abschnüren und diese zum Trocknen so aufstellen, dass sie wie Omas aussehen. Unten links sind Flachs-Klöpplerinnen zu sehen, oben Stickerinnen und dann ein Pärchen: Der Bursche bedeckt die Schultern des auf dem Boden sitzenden Mädchens mit einem Spitzentuch. Links ganz oben zeigt eine modebewusste Dame ihren Freundinnen ein besticktes Kleid. Rechts sind Fabriken zu sehen, in denen Flachsgewebe produziert und gefärbt werden. Rechts oben sieht man im Kreis tanzende Mädchen in langen eleganten Sommerröcken. Diese Nebensujets sind durch Gebäude, Bäume und Hügel voneinander getrennt1). Die Seitenwände sind mit goldenen Ähren und blauen Flachsblumen ornamentiert.
1) Nebensujet (russisch Klejmo): In der Ikonenmalerei eine von der zentralen Hauptszene unabhängige Komposition. Anmerkung der Übersetzer.
Die Kompositionen Stadt der Weber (1978) und Meine Region des Kattuns (1977) von A.N. Klipov zeugen vom Mysterium der Geburt des weissen Gewebes aus hellblauen Blumen, das sich später in der Palecher Stickerei zu leuchtenden Blumenwiesen wandelt.
Klipov Aleksandr Nikolaevič (1942-2014)
Stadt der Weber. Dose. 1978
17,3 x 24 x 5,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4753 SI 2178 L)
Die Miniatur von Alexander N. Klipov Die Stadt der Weber ist einem bedeutenden historischen Ereignis in der Geschichte der Stadt Ivanovo gewidmet. Die untere Ebene der mehrschichtigen Komposition stellt eine Weberei dar. In der Mitte sieht der Betrachter die Begegnung zwischen Bewohnern von Ivanovo und einem Gast aus Usbekistan. Die Trompeter glorifizieren die Vergangenheit der Region Ivanovo und ihre Gegenwart. Auf der Miniatur sind historische Stätten von Ivanovo zu sehen: Das Haus des Ersten Rates, eine Geheimdruckerei, das Haus der Familie Bubnov usw. Umrahmt wird die Komposition des Palecher Künstlers von Webereigebäuden.
Klipov Aleksandr Nikolaevič (1942-2014)
Meine Region des Kattuns. Dose. 1977
14,4 x 20,5 x 4,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4698 SI 2146 L)
Die kleine Stadt Vičuga lebt wie die ganze Region Ivanovo nach den Traditionen der alten Webkunst. Für mehrere Generationen der Familie Morokin war die Weberei Haupteinnahmequelle für den Lebensunterhalt. Vor vielen Jahren hatte Vjačeslav Fedorovič Morokin, ein Vertreter dieser Dynastie, der sein Schicksal mit der Palecher Kunst verband, eine Idee. Er wollte einen Gemäldezyklus schaffen, der die Geschichte der Weberei, ihre Traditionen und Gegenwart darstellt. Zur Verwirklichung seines Vorhabens begann er mit der langen und mühevollen Arbeit an der Komposition Die Bleiche der Leinwand.
Morokin Vjačeslav Fedorovič (geb. 1945)
Die Bleiche der Leinwand. Entwurf. 1988
42,5 x 29,5 cm, Papier, Bleistift
(Im Besitz des Künstlers)
Aus dem schlichten Vorgang des Zusammenrollens einer gebleichten Leinwand durch Frauen kreiert der Künstler ein episches Urbild. Die abgewickelte Leinwand wird zu einem Symbol für das ewige Leben. Die sanften Rundungen der weiblichen Figuren, die leicht zögernden kompositorischen und farblichen Rhythmen generieren eine kreisförmige, geschlossene Bewegung, ein zeitloses Ereignis. Die weisse Leinwand berührt jede der drei weiblichen Figuren. Die zentrale Figur symbolisiert die Krönung der körperlichen und geistigen Reife des Menschen, sie scheint eine riesige weisse Stoffwolke auf sich zu nehmen.

Bereits vor der Revolution von 1917 wählten die Weber aus Ivanovo Baumwolle für ihre Produktion. Helle, bunte Kattune wurden zum Symbol des Textilzentrums Ivanovo. Die Künstler von Palech widmeten eine ganze Reihe von Werken den Kattunen aus Ivanovo. Der komplizierte Produktionsprozess, die summenden Maschinen stehen im Mittelpunkt der Miniatur Kattune aus Ivanovo (1972) R. L. Smirnovas. Die Musik der fliessenden, sich in dekorative Muster verwandelnden Stoffe, wird zum Leitmotiv vieler Werke der Palecher Meister.
Smirnova Raisa Alekseevna (1935-1996)
Kattune aus Ivanovo. Dose. 1972
26,5 x 20 x 5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IOChM KP-5686 L-258)
Die Palecher kreierten nicht nur auf ihren Dosen Muster für die Kattune aus Ivanovo. Im Auftrag von Textilbetrieben gestalteten in den 1930er Jahren einige Künstler Entwürfe für die industrielle Herstellung von Stoffen. Die von den Palechern entworfenen Blütenkompositionen sind schlicht. Aber bei den Pflanzenornamenten, die sich durch Eleganz und eine weiche Plastizität auszeichnen, sind die Charakteristiken der lokalen Natur immer spürbar. Die Gestaltung von Textilentwürfen wurde im Zentrum für Lackminiaturen nie zu einer Hauptaktivität. Bekannt sind die Entwürfe von I. I. Zubkov, P. D. Baženov, M. M. Zachvatkin, A. I. Blochin, M. P. Vakurov. Diese vereinzelten Erfahrungen mit der Gestaltung von Textilentwürfen in den 1930er Jahren wurden nie zu einer eigenständigen Richtung in der Palecher Kunst.
Von links nach rechts:
Blochin Nikolaj Aleksandrovič (1909-1980)
Textilmuster. 1936
17 x 14 cm, Papier, Gouache
(GMPI KP-609 CI 366 L)
Blochin Nikolaj Aleksandrovič (1909-1980)
Textilmuster.
1936
13,2 x 11,1 cm, Papier, Gouache
(GMPI KP-612 CI 369 L)
Vakurov Michail Petrovič (1890-1942)
Stoffabfall.
1930er Jahre
41 x 34 cm, Kattun, Druck
(NV-SI-48)
Links
Zachvatkin Michail Matveevič
(1904-?)
Stoffabfall.
1930er Jahre
74 x 42 cm, Kattun, Druck
(NV-SI-31)
Rechts
Vakurov Michail Petrovič (1890-1942)
Stoffabfall.
1930er Jahre
26,4 x 43 cm, Kattun, Druck
(NV-SI-45)
Links
Blochin Nikolaj Aleksandrovič (1909-1980)
Textilmuster.
1936
D 19,7 cm, Papier, Gouache
(GMPI KP-607 CI 364 L)
Rechts
Baženov Pavel Dmitrievič (1904-1941)
Textilmuster.
1934
14 x 14 cm, Papier, Gouache
(GMPI KP-2204/1602 CI 1602ChA)
Links
Vakurov Michail Petrovič
(1890-1942)
Textilmuster.
1936
20,5 x 19 cm, Papier, Gouache
(GMPI KP-621 CI 378 L)
Rechts
Vakurov Michail Petrovič (1890-1942)
Stoffabfall.
1930er Jahre
47 x 27 cm, Kattun, Druck
(NV-SI-47)
Kapitel 4
Region der Talente
Bewohner der Region Ivanovo haben einen bedeutenden Beitrag zur Schatzkammer der russischen Kultur, zur Wissenschaft und zum Militärwesen geleistet. Dichter, Schriftsteller, Künstler, Schauspieler, Wissenschaftler, Heerführer, alle im ganzen Land bekannt, wurden hier geboren. Viele von ihnen preisen Palech und bewunderten seine erstaunliche Kunst. Doch die Palecher blieben nichts schuldig und nahmen in ihren Werken Bezug auf berühmte Landsleute.

In den frühen 1920er Jahren, noch vor dem Auftreten der Palecher Lackkunst, etablierte sich einer ihrer Gründer, I. I. Golikov, als brillanter Meister der Theaterdekoration. Nach der Revolution arbeitete er in Šuja und anschliessend am A. N. Ostrovskij-Theater in Kinešma.
Golikov Ivan Ivanovič (1886-1936)
Der eingebildete Kranke. 1920er Jahre
8,5 x 10 cm, Karton, Farben
(GMPI KP-367 SI 320 L)
Čirukin Aleksandr Vasil'evič (1875-1965)
Gewitter. Für das Dramaturgische Theater A.N. Ostrovskij, Kinešma. 1936
17,5 x 19,5 cm, Papier, Eitempera
(GMPI KP-1590 SI 570 L)
Den Beitrag des ehemaligen Palecher Ikonenmalers zur Entwicklung der lokalen Theatertraditionen beschreibt die Schauspielerin Ekaterina Mazurova in ihren Erinnerungen an das Arbeitertheater in Šuja: Mein Gott! Welche Pracht entstand unter seinem Pinsel! Sein Dekor, das nicht nur durch Schönheit beeindruckte, sondern auch durch die Innigkeit einer künstlerischen Wahrhaftigkeit. Und welche Farben, welche Töne! Was für ein Wissen um den wahren russischen Stil! Und wer weiss, vielleicht wurden hier die Bilder seiner zukünftigen, unsterblichen Palecher Miniaturen geboren, über die später die ganze Welt sprach! (Nazarov V.V., Nazarov O.V. Teatr i vcja žizn' Ekateriny Mazurovoj). Golikovs Zeitgenossen erinnerten sich, wie viele Menschen nicht nur wegen der Schauspielerei ins Theater kamen, sondern auch um Golikovs Dekorationen zu bewundern. Der kostbarste Gegenstand befindet sich in der Sammlung des Staatlichen Museums für Palecher Kunst. Es ist ein von I. Golikov auf Glas ausgeführter Entwurf für ein Theaterstück des Arbeitertheaters in Šuja.

E. F.Vichrev verwies auf die Existenz einer mystischen Beziehung zwischen dem Palecher Künstler I. P. Vakurov und dem Dichter D. N. Semenovskij aus Ivanovo:
...vor mir sah ich Dmitrij Semenovskij, er trug mit einem nassen Pinsel einen durchsichtigen grünlichen Schmelz (russisch Plav') auf Papiemaché auf, und Ivan Vakurov – ein Bild in meinem Kopf – beugte sich über Gedichte, dort, in Ivanovo-Voznesensk, in einem stillen Zimmerchen des verträumten Dichters. Und in der Tat, wie ähnlich sind sich die Beiden! Zu jedem von ihnen passen die folgenden Verse von Blok:
Verziehen sei sein düstres Stöhnen
War nicht die Kraft, die in ihm lohte?
Auch er beseelt vom Guten, Schönen.
Auch er – der Freiheit stolzer Bote!1)
Die Beiden kennen sich nicht, aber sie haben die gleichen Gefühle, schätzen die gleiche Natur – der eine mit Farben, der andere mit Worten. Die Beiden verbindet eine lichte Wehmut, eine Liebe zu allem Strahlenden, Warmen, Grünen (Vichrev E.F. Palech. 1927-1932. Vtoraja kompozicija. - Chudožestvennaja literatura, M., 1938). Für seine Kompositionen wählte I. P.Vakurov unter den Werken von D. N. Semenovskij das Gedicht Waldgeister aus. Auf einer Miniatur aus der Sammlung des Staatlichen Museums für Palecher Kunst gibt es zwei Signaturen: die erste – Waldgeister, ein Gedicht von Dmitrij Semenovskij, die zweite – I. P. Vakurov, 1928.
1) Alexander Block, Lyrik und Prosa. Herausgegeben von Fritz Mierau, Berlin (Ost): Verlag Volk und Welt 1982 (Reihe ex libris), Seite 118: Jamben (1907-1914).
Vakurov Ivan Petrovič (1885-1968)
Waldgeist. Dose. 1933
8,8 x 16,7 x 4,2 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-3486 SI 1939 L)
Aus dem Buch Palech von E.F. Vichrev.
Ein unerfahrener Betrachter, der nichts von solchen Miniaturen weiss, mag sagen: «Erlauben Sie mal! Im Gedicht von Semenowskij gibt es nur einen Waldschrat, der erwischt ein Mädchen. Und hier sieht man drei Mädchen und drei Waldschrate - was soll diese Illustration?». Aber die Antwort ist einfach: Der Dichter verwendet das Wort Waldschrat mehrmals, also warum kann der Künstler nicht dasselbe tun und den Waldschrat auf einem Bild mehr als einmal darstellen? Das ist ein spezifischer Kunstgriff der Palecher Miniaturmaler. Man muss diese farbige Geschichte wie ein Manuskript von links nach rechts lesen. In der ersten Szene sitzt ein Waldschrat auf einem Baumstumpf und spielt die Schalmei, während ein hübsches Mädchen Blaubeeren auf den Sumpfhügeln sammelt. In der zweiten Szene umarmt der Waldschratt das Mädchen, küsst es leidenschaftlich mit seinen feurigen Lippen. In der dritten Szene stirbt das Mädchen im Sumpf, und weit weg heult der Waldschrat im Eichenwald, runzelt seine zottligen Augenbrauen. Unten steht auf der Dose geschrieben: № 1264 Der Waldschrat, ein Gedicht von D.N. Semenovskij, I.P. Vakurov, 1933.
Vakurov Ivan Petrovič (1885-1968)
Waldgeist. Dose. 1933. Fragment
8,8 x 16,7 x 4,2 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-3486 SI 1939 L)
Vakurov Ivan Petrovič (1885-1968)
Der Waldgeist und das Mädchen. Kleines Panneau. 1930
D 4,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-292 SI 241 L)
Dmitrij Nikolajevič Semenowskij (1894-1960) widmete Palech und seinen Künstlern viele poetische Verse, so zum Beispiel:
Palech, du gehörst zur Familie der verwilderten Dörfchen,
zur Brüderschaft der strohfarbenen Siedlungen.
Du Schönheit einer schaukelnden Wiege,
du wahrgewordener Traum.


Im Gedicht Künstler lesen wir:
Lass der Betrachter das Farbenspiel der polierten Tafel bewundern,
lass ihn begeistert sein vom
Schimmern der Schatulle,
er wird mit verzaubertem Blick
die Seele
dieser schöpferischen Menschen sehen.

Das Bild Palechs, das D. Semenovskij geschaffen hat:
Palech blüht - ein wunderbarer Garten,
gleich einer hellen, süssen, emotionalen Morgendämmerung.
Niemand
enträtselt seine feine Seele,
niemand besingt es mit solcher Liebe!

wurde zum Thema der Diplomarbeit Palech - mein schöner Garten von A. Petrova, einer Absolventin der Palecher Kunstschule.
Petrova Anastasija Andreevna (geb. 1987)
Palech – mein schöner Garten. Dose. 2006
20 x 27,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(Diplomarbeit, Palecher Kunstschule M. Gor'kij)
E.F. Vichrev wurde für viele Palecher Künstler zu einem unentbehrlichen, vertauten Freund. Seine aktive schöpferische und gesellschaftliche Tätigkeit förderte die Popularität der Palecher Kunst. Die Motive eines der bedeutenden Werke I.I.Golikovs, sind dem Gedicht Heldengrab entnommen, das E. Vichrev den blutigen Ereignissen der Geschichte Russlands widmete.
Golikov Ivan Ivanovič (1886-1937)
Heldengrab. Dose. 1926
13,8 x 13 x 5,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-112 SI 78 L)
... auf jenem Grabhügel – purpurrot wie ein Banner,
starb der Rotarmist.
Vögel kamen aus allen Himmelsrichtungen angeflogen,
pickten Blüten aus den tiefen Wunden.
E. Vichrev Heldengrab
Die Idee zu dieser Miniatur schlug ihm der Dichter selbst vor. Die Komposition auf der Dose ist oben und unten mit dem Text des Gedichts umrahmt. Für die dreiteilige Komposition wählte der Künstler drei Ereignisse: den Kampf mit den Pečenegen, die Gefangennahme des russischen Volkes durch die Soldaten Dschingis Khans, den Marsch der Abteilung Budennij zum Heldengrab. In den Mittelpunkt stellt Golikov die Leiden des verwundeten Rotarmisten. Den Symbolismus, den Vichrev aus dem Silbernen Zeitalter übernommen hatte, verstand der Palecher Meister, er war ihm wohl bekannt. Dem besten und treuesten Freund der Palecher war M.I. Šemarovs Komposition Der Sänger von Palech (1967) gewidmet.
Šemarov Michail Ivanovič (1914-1998)
Der Sänger von Palech. Dose. 1967
23 x 29 x 4,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2767 SI 1472 L)
Überaus populär in der Palecher Lackminiatur ist die Darstellung des Bürgerkriegshelden W.I. Čapaev. Seine Berühmtheit verdankt er dem literarischen Talent des Kommissars seiner Schützendivision – Dmitrij Furmanov. Dieser stammt aus der Provinzstadt Sereda in der Region Ivanovo, die heute den Namen Furmanov trägt. Zu den besten Werken der Palecher Kunst, die Čapaev gewidmet sind, gehört sowohl der dekorative Teller Čapaevs Tod (1931) von D.N. Butorin, als auch die Schatulle Čapaev (1957) von P.F. Čalunin aus der Sammlung des Staatlichen Museums für Palecher Kunst.
Butorin Dmitrij Nikolaevič (1891-1960)
Čapaevs Tod. Dose. 1931
D 27,8 H 3,8 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-299 SI 295 L)
Butorin Dmitrij Nikolaevič (1891-1960)
Čapaevs Tod. Dose. 1931. Fragment
D 27,8 H 3,8 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-299 SI 295 L)
Čalunin Pavel Fedorovič (1918-1980)
Čapaev. Schatulle. 1957
10 x 12 x 12 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2218 SI 1138 L)
Čalunin Pavel Fedorovič (1918-1980)
Čapaev. Schatulle. 1957
10 x 12 x 12 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2218 SI 1138 L)
Čalunin Pavel Fedorovič (1918-1980)
Čapaev. Schatulle. 1957
10 x 12 x 12 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2218 SI 1138 L)
Čalunin Pavel Fedorovič (1918-1980)
Čapaev. Schatulle. 1957
10 x 12 x 12 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2218 SI 1138 L)
Čalunin Pavel Fedorovič (1918-1980)
Čapaev. Schatulle. 1957
10 x 12 x 12 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2218 SI 1138 L)
Die Künstlerin K.W. Kukulieva interessierte sich wiederholt für die Werke des Schriftstellers M.Ch. Kočnev aus Ivanovo. Sie entwarf auch szenische Kostüme für die Folkloregruppe Palecher Schatz, ein Volksinstrumente-Ensemble aus Ivanovo.
Kapitel 5
Hier ist mein Zuhause
Palech – Ziehsohn von Ivanovo-Voznesensk. Die Revolution – sie hat diese muskulöse Stadt erhöht und gab sie zusammen mit den Dörfern und Weilern ihrem ehemaligen Gebieter Šuja zurück. Die Anschrift «Palech, Gouvernement Ivanovo-Voznesensk», ist gleichsam ein Lächeln der Revolution, denn die Revolution – als ob sie sich einen Scherz erlauben wollte – vereinte mit einer administrativen Bande diese unvereinbaren Gebilde, die sich bezüglich ihrer Grösse und vor allem auch bezüglich ihrer Art unterschieden.
Efim Vichrev Palech.
Arapova Natalʼja Nikolaevna (geb. 1961)
Studie. Dose. 2000
16 x 27 x 4 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-5242 SI 2490 L)
Ermolaev Boris Michailovič (1934-2001)
Erster Mai in Palech. Dose. 1975
26,5 x 20 x 5,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4405 SI 2018 L)
Zotov Vadim Grigorʼevič (geb. 1936)
Das Dorf Krasnoe. Dose. 1984
4,5 x 5,5 x 1,7 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4819 SI 2222 L)
Buldakov Vladimir Vasilʼevič (geb. 1951)
Palech. Teller. 2018
D 30 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(Im Besitz des Künstlers)
Kočupalov Aleksej Dmitrievič (1940-2010)
Der Künstler N. Zinovʼev. Dose. 1979
7 x 9 x 3,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4582 SI 2079 L)
Terentʼeva Olʼga Aleksandrovna (geb. 1963)
Mein Ples. Dose. 2012
13 x 18 x 5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-5802 SI 2544 L)
Kočupalov Aleksej Dmitrievič (1940-2010)
Russisches Dorf. Panneau. 1980
35,5 x 40 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4659 SI 2107 L)
Kočetov Gennadij Nikolaevič (1941-2009)
Palech - Ein russisches Dorf. Panneau. 1978
35,4 x 40 x 0,6 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4554 SI 2062 L)
Mamina (Butorina) Margarita Stanislavovna (geb. 1966)
Palecher Quelle. Dose. 1998
10 x 13 x 3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-5253 SI 2493 L)
Das Dorf Palech wurde 1921 Teil des Ivanovo-Voznesensk Gouvernements, der Palecher Amtsbezirk wurde damals aus dem Vjasniki Landkreis des Vladimir- Gouvernements ausgegliedert dem Landkreis Šuja des Ivanovo-Voznesensk Gouvernements zugeordnet.

Seit alter Zeit war Palech ein Verwaltungszentrum. Im XIV. Jahrhundert wurde es zum Zentrum des Palecher Fürstentums. Zu Beginn des XVIII. Jahrhunderts gehörte das Dorf Palech politisch zum Lager Bogoljubovo des Landkreises Vladimir und kirchlich zum Medužskaya-Zehnten. Palech war Zentrum des ganzen Amtsbezirkes, der Paležskaja oder Palechskaja genannt wurde.

Auf Anordnung des Allrussischen Zentralen Exekutivkomitees (VCIK) vom 25. Januar 1935 wurde in der Oblast' Ivanovo der Palecher Kreis mit Palech als Zentrum gegründet. Im Jahr 1947 wurde das Dorf Palech auf Beschluss des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR zur Arbeitersiedlung.

Seit jeher sind die Menschen in Palech eng mit der Natur verbunden. Die stilisierten Landschaften, Sujets mit Szenen der Arbeit und Erholung auf Palecher Dosen spiegeln den Lebensstil der Einheimischen wider. Und der Künstler ist Teil dieser Welt. Das Bild des heimatlichen Palech ist ein beliebtes Thema in den Werken der Lackminiaturmeister. Einer der ersten Künstler, der sein Heimatdorf darstellte, war Ivan Michailovič Bakanov mit seiner Dose Das Dorf Palech (1934).
Bakanov Ivan Michailovič (1870-1936)
Das Dorf Palech. Dose. 1934
19,6 x 26,7 x 4,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-196 SI 175 L)
Die konventionellen Formen der antiken Landschaft mit kleinen Platten und Felsvorsprüngen verwandelte er in Hügel und liebliche Waldränder mit Birken und Kiefern. Als historische Landschaft kann man die Lacktafel Palech (1936) von A.V. Čikurin bezeichnen.
Čikurin Aleksandr Vasilʼevič (1875-1965)
Palech. Panneau. 1936
29 x 49,7 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-2699 SI 1432 L)
Heute sieht das Dorf nicht mehr so aus: die Strassen verlaufen anders, neue Gebäude sind entstanden. Viele Palecher hatten nie die Gelegenheit, rote Fahnen über den Kuppeln der Kreuzerhöhungskirche zu sehen. Eigenartig ist der Blick auf das Grab von Efim Vichrev. Dieses befindet sich in der Nähe der Kirche und schaut eher wie ein Altar. Oder auch das Vieh, das mitten in Palech gehütet wird.
In seinem früheren Werk Landschaft (1926) stellte der Künstler das Heimatdorf Djagilevo dar. Er malte ein weitgehend realistisches Panorama des Dorfes Djagilevo und des Nachbardorfes Krasnoe.
Čikurin Aleksandr Vasilʼevič (1875-1965)
Landschaft. Dose. 1926
14 x 19,7 x 4 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-428 SI 323 L)
Im rechten Teil der Komposition im Hintergrund auf dem Hügel sind die Kirche des Dorfes Krasnoe und ihr Glockenturm mit seinem spitzigen Zeltdach zu sehen. Unterhalb der Kirche befindet sich eine Reihe von Bauernhäusern. Eine derartige Genremalerei reiner Landschaft findet sich in der Palecher Kunst sehr selten.

Die Palecher Künstler schufen verschiedene Ansichten des Heimatdorfs und präsentierten ihre einzigartigen Gestaltungen landschaftlicher Motive. Verschiedene Künstler widmeten ihrem Dorf Palech Werke: G.N. Kočetov Na, du Sonne, strahle heller (1973) und Frühling am Fluss (1980), O.V. An Geliebte Gegend (1977), N.N. Arapova Morgen (1987), I.V. Livanova und V.G. Zotov Palech (1979), B.M. Ermolajev Sommer in Palech (1986).
Kočetov Gennadij Nikolaevič (1941-2009)
Na, du Sonne, strahle heller. Dose. 1973
14 x 20,6 x 4,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-3587 SI 1676 L)
Kočetov Gennadij Nikolaevič (1941-2009)
Frühling am Fluss. Dose. 1980
17 x 24 x 5,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4750 SI 2175 L)
An Oleg Vladimirovič (geb. 1952)
Geliebte Gegend. Dose. 1977
12,5 x 18 x 4,1 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4445 SI 2043 L)
Arapova Natalʼja Nikolaevna (geb. 1961)
Morgen. Dose. 1987
6 x 6 x 3 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4938 SI 2263 L)
Zotov Vadim Grigorʼevič (geb. 1936)
Livanova Irina Vadimovna (geb. 1936)

Palech.
Dose. 1979
12,2 x 20,4 x 4,1 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4876 SI 2247 L)
Ermolaev Boris Michailovič (1934-2001)
Sommer in
Palech. Dose. 1986
20,5 x 14,7 x 4,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-5135 SI 2439 L)
Viele Künstler, die Palech berühmt gemacht haben, stammen nicht aus Palech. Einige von ihnen sind von weit hergekommen, um die Palecher Lackminiaturmalerei zu studieren. Andere stammen aus der näheren Umgebung: Šuja, Vičuga, Luch, Juža, Landeсh. Vjačeslav Fedorovič Morokin wurde im Dorf Borisovskaja, Bezirk Vičuga der Oblast' Ivanovo, geboren. Die Vorstädte Alt-Vičugas waren reich an Architekturdenkmälern der Jugendstilzeit. Die Fabriken der Kaufleute Kokarev, Konovalov, Razorenov und der Brüder Morokin konkurrierten miteinander in der Erlesenheit des architektonischen Dekors. Die im Innern von Palecher Ikonenmalern ausgemalte örtliche Kirche aus rotem Ziegel, war auch aussen ungewöhnlich, sie war reich verziert mit farbigen Fayencen aus der Abramcevo Werkstatt. All dies hat in den Erinnerungen des Künstlers eine nachhaltige Spur hinterlassen, die sich auf die eine oder andere Weise in seinen Werken manifestiert. In den stilisierten Stadtlandschaften der Miniatur Fabrik-Balladen (1973), die sich im Regionalen Kunstmuseum in Ivanovo befindet, kann man die bevorzugten architektonischen Motive des Künstlers erkennen. In diesem Fall ist die Fabrikarchitektur nicht Hintergrund, sondern die Szene selbst.
Morokin Vjačeslav Fedorovič (geb. 1945)
Fabrik-Balladen
. Dose. 1973
12 x 20,7 x 4,2 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(IOChM KP-5641 L 229)
In den letzten Jahren hat V.F. morokin an der symbolischen Komposition Die Himmelsbewohner des Dorfes Borisovskaja gearbeitet. Ruhe und Frieden wehen aus einer Gegend überirdischer Schönheit, in die man geboren wurde.
Morokin Vjačeslav Fedorovič (geb. 1945)
Die Himmelsbewohner des Dorfes Borisovskaja
. Panneau. 2000
30 x 60 cm, Holzspanplatte, Eitempera
(Im Besitz des Künstlers, unvollendet)
Chodov Valentin Michailovič (1942-1988)
Lied
. Teller. 1979
D 26 H 2,5 cm, Papiermaché, Eitempera, Gold, Lack
(GMPI KP-4754 SI 2179 L)
Im Werk von V.M. Chodov kommt dem dekorativen Teller Das Lied (1979) eine zentrale Bedeutung zu. In einem Kiefernwald am Ufer der Paleška hat sich sich eine einträchtige Gruppe von Künstlern versammelt. Sie singen aus vollem Herzen. Aber diesem schlichten Sujet kommt eine tiefe symbolische Bedeutung zu – V.M. Chodov präsentiert gleichzeitig Künstler aus verschiedenen Generationen. In der Mitte ist I.I. Golikov zu sehen, links seine Zeitgenossen I.M. Bakanov, I.V. Markičev, A. V. Kotuchin, I. I. Zubkov, D.N. Butorin. Rechts sind Miniaturmaler der Chodov-Ära dargestellt, G.M. Mel'nikov, N.I. Golikov, B.M. Ermolaev, aber auch die älteren Zeitgenossen V.F. Morokin, A.N. Klipov, die ihre künstlerische Laufbahn zusammen mit V.M. Chodov begannen. Die Kontinuität der Generationen sowie die Erhaltung der Traditionen waren in den Werken dieser talentierten Meister von zentraler Bedeutung. Die lebhafte Atmosphäre des künstlerischen Palechs, die freundschaftlichen Zusammenkünfte und philosophischen Diskussionen der alten Palecher Meister zogen die jungen Menschen an, diese wurden an einem kreativen Schaffensprozess beteiligt.